Inhalt | Stand Juni 2019

I. Anders wirtschaften

II. Arbeit und Bildung

III. Asyl- und Zuwanderung

IV. Chancengleichheit Stadt und Land

V. Europa

VI. Frieden und Abrüstung

VII. Jugend

IIX. Gleichstellung (Frauen, Queer)

XI. Inklusion

X. Klima- und Umweltschutz

Parteitagsbeschluss 2019

XI. Lebendige Demokratie

XII. Pflege, Gesundheit, Betreuung

XIII. Solidarität

XIV. Soziale Gerechtigkeit

XV. Wohnen

I. Anders wirtschaften

Zukunftsgerichtet wirtschaften

Die Bayerische Verfassung sagt es in Artikel 151 ganz unmissverständlich: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle.“ Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Die Bedürfnisse der Menschen, und zwar aller Menschen und nicht nur einiger weniger, werden durch die jetzige Form des Wirtschaftens nur bedingt befriedigt, stattdessen beraubt eine globale Industrie Mensch und Tier in großen Teilen der Welt ihrer Lebensgrundlagen. mut setzt sich für eine Wirtschaft ein, die allen dient und gleichzeitig unser aller Lebensgrundlagen schont – eine Wirtschaft, die auch Zukunft hat. Für ein anderes – demokratisches, dezentrales, nachhaltiges – Wirtschaften sind die wirtschaftlich Agierenden auf allen Ebenen gefragt. Anders zu wirtschaften heißt: Andere Regeln für die Weltwirtschaft, eine andere Gestaltung der Volkswirtschaft, eine andere Bedeutung der Stadtwirtschaft, andere Prioritäten der Betriebswirtschaft, eine andere Organisation der Hauswirtschaft. Die Politik ist gefordert, die strukturellen Rahmenbedingungen für andere Formen des Wirtschaftens herzustellen. Aber auch alle Menschen sind gehalten weniger zu konsumieren, weniger Energie zu verbrauchen, weniger unterwegs zu sein.

mut steht für:

– demokratisches Wirtschaften: Bei der Herstellung und Bereitstellung, der Nutzung und dem Verbrauch von Gütern soll das Prinzip der gemeinsamen Entscheidung gleichberechtigter Bürger*innen gelten. Genossenschaftliches Wirtschaften als bewährte demokratische Form muss gestärkt und gefördert werden,

– dezentrales Wirtschaften: Sowohl bei der Herstellung, als auch bei der Nutzung und dem Verbrauch von Gütern muss das Prinzip der kurzen Wege gelten. Bereits existierende Ansätze einer auf Menschenwürde, Kooperation und Partizipation beruhenden Gemeinwohlökonomie sind systematisch zu fördern,

– nachhaltiges Wirtschaften: Das Prinzip des schonenden Umgangs mit natürlichen Ressourcen und der stofflichen Voraussetzungen zukünftigen Wirtschaftens muss unbedingt gelten. Externale Kosten durch Umweltschäden, die momentan der Allgemeinheit aufgebürdet werden, müssen von den Verursachern selbst getragen werden. Dazu gehören eine CO2-Abgabe und die Einführung eines Wasser-Cents,

– die Förderung der Verantwortung für global nachhaltiges Wirtschaften. Das bedeutet Transparenz und Aufklärung der Verbraucher*innen darüber, welche Wertschöpfung wo unter welchen Bedingungen erbracht wird,

– Verbraucher*innenschutz durch Klartext: Weg von der sinnlosen Vielfalt an Labeln und Siegeln. Das für die Verbraucher*innen und die Umwelt optimale Produkt wird zum Standard. Abweichungen davon wie z. B. die Verwendung von Pestiziden, unnötig weite Transportwege oder die Missachtung von hierzulande üblichen Arbeitnehmer*innenrechten müssen gekennzeichnet werden (oder in der Landwirtschaft auf lange Sicht eben die sogenannten „konventionellen“

Produkte).

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

mut: Radikal anders wirtschaften

Das herrschende Wirtschaftssystem erweist sich als unvereinbar mit einer demokratischen solidarischen Gesellschaft. Es ruiniert die Lebensgrundlagen der Menschheit – und zerstört menschliches Leben. Die Logik ewigen wirtschaftlichen Wachstums frisst natürliche Ressourcen auf, ruiniert den Planeten, schafft unsägliche Arbeitsbedingungen in großen Teilen der Welt. Und sie polt uns alle darauf, unser Glück und unseren Erfolg ohne Rücksicht auf Verluste zu suchen – solange es die Verluste anderer sind. Es muss endlich Schluss sein mit dem unsolidarischen Wirtschaften: auf Kosten der Zukunft, auf Kosten breiter Teile der Weltbevölkerung. Es muss Schluss sein mit einer Ökonomie, die ein allgemeines Gegeneinander und soziale Spaltung produziert.

mut fordert:

  • Konsequente Förderung dezentraler Strukturen in Form von Produktions-, Konsum- und Energiegenossenschaften,
  • Radikale Beschneidung der Macht großer Konzerne (in Automobil- und Rüstungsindustrie, Agrochemie und Lebensmittelhandel) bis hin zu ihrer Überführung in Gemeineigentum,
  • Wirtschaftsdemokratie im Sinne wirksamer betrieblicher Mitbestimmungsrechte auch über Produktionsentscheidungen,
  • Transparenz über die sozialen und ökologischen Kosten entlang der Wertschöpfungsketten und Einführung eines entsprechenden Informationssystems für sämtliche Konsumgüter,
  • Einhaltung des 0,7 %-BIP-Ziels bei der „Entwicklungshilfe“ und vollständige Umstellung derselben auf sozialökologische Zusammenarbeit,
  • Monitoring des bayerischen Staatshaushalts entlang der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen,

Die Antwort auf die Frage, was mut will und warum es mut braucht, ist einfach. Anderen fehlt der Mut, das Notwendige zu tun: Wir müssen das bislang Gewohnte und scheinbar Selbstverständliche in Frage stellen. Im solidarischen Handeln steckt der Mut, die Veränderung des Gegebenen und angeblich Unveränderlichen gemeinsam in Angriff zu nehmen.

Aus dem Leitantrag zum Parteitag 2019

II. Arbeit und Bildung

Anders arbeiten: Gute Arbeit für alle

Die politische und mediale Rede vom „Beschäftigungswunder“ des letzten Jahrzehnts verdeckt, dass keineswegs allen Menschen in Deutschland und Bayern existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse offenstehen. Prekäre Arbeit ist zur verbreiteten Erfahrung geworden, und bemerkenswerterweise hat sich der öffentliche Sektor als Vorreiter der Entsicherung von Arbeit erwiesen. Der massiv angewachsene Niedriglohnsektor wiederum kann weder gute Arbeit noch wirkliche Teilhabe am sozialen Leben gewährleisten.

Doch auch für gut entlohnte Beschäftigte ist nicht automatisch gute Arbeit gewährleistet. Der Zugriff der Unternehmen erfolgt seit Jahren zunehmend auf die gesamte Person, die Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen, der Betrieb wird gezwungenermaßen zum Zuhause und das Zuhause zum Betrieb. Denn nach wie vor wird Reproduktionsarbeit – die Sorge um Kinder und Haushalt, um Kranke und ältere Familienangehörige – hauptsächlich Frauen aufgebürdet, die immer häufiger neben der Erwerbsarbeit eine zweite, nicht entlohnte und auch ansonsten wenig wertgeschätzte Schicht fahren müssen.

Eine Arbeitsgesellschaft, die gute Arbeit nicht nur für einige wenige, sondern für alle organisieren will, muss damit beginnen, eine grundlegende soziale Tatsache anzuerkennen, nämlich die wechselseitige Abhängigkeit jedes Einzelnen von der Arbeit aller anderen. Ohne die „Reproduktions“-Arbeit der einen gäbe es keine „produktiven“ Tätigkeiten der anderen: Ohne Putztrupps keine bioinformatische Forschungsabteilung, ohne Küchenhilfen keine Geschäftsessen, ohne Paketfahrer keine Plattformökonomie.

Die Anerkennung aller Arbeiten in der Gesellschaft als für deren Arbeitsteilung gleichermaßen bedeutend müsste dazu führen, sich vom engen industrialistischen Leistungsbegriff zu verabschieden – und damit auch von einem vermeintlich „leistungsgerechten“ System von Lohnunterschieden. Es würde bedeuten, Arbeit so zu organisieren, dass die Arbeitenden nicht überfordert und ausgebrannt werden. Und es würde auch bedeuten, betriebliche Entscheidungsprozesse zu demokratisieren, damit gemeinsam sinnvollere und in einem umfassenden Sinne produktivere Formen des Arbeitens gefunden und umgesetzt werden können.

Schließlich würde eine gute Arbeitsgesellschaft auch den Zusammenhang von Arbeit und Einkommen umgestalten. Dabei würde es nicht um deren „Entkopplung“ gehen, wie sie in der Grundeinkommensdebatte häufig gefordert wird, sondern um eine andere Form ihrer Kopplung nach dem Prinzip: Alle sollen arbeiten dürfen – aber alle sollen, entsprechend des gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritts, immer weniger arbeiten müssen. Eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung bei parallelem Aufbau eines öffentlichen Grundsicherungssystems könnte dazu beitragen, Arbeit und Leben in ein neues, individuell sinnstiftendes wie gesellschaftlich sinnvolles Verhältnis zu setzen.

mut steht für:

– die Rücknahme des bisherigen Outsourcings und den Verzicht auf Selbiges bei Reinigungs-, Sicherheits- und ähnlichen Dienstleistungen in öffentlichen Betrieben und Einrichtungen,

– eine jährliche Auszeichnung von Unternehmen, die sich um Demokratie im Betrieb verdient gemacht haben,

– die Erweiterung der Sozialstandards bei der Vergabe öffentlicher Aufträge,

– die öffentliche Förderung von genossenschaftlich organisierten und sozial orientierten Start-ups,

– die Förderung von Modellprojekten arbeitnehmerorientierter Digitalisierung betrieblicher Prozesse.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Gemeinsam lernen

Im Zentrum der Bildung hat der Mensch – jeder Mensch in seiner Einzigartigkeit – zu stehen. Deshalb sollen Vorschule und Schule Kinder und Jugendliche bestmöglich dabei unterstützen, innerhalb einer lernenden Gemeinschaft ihre einzigartigen Persönlichkeiten zu entfalten und auf der Basis eines demokratischen Grundkonsenses eigene Werte ausbilden und leben zu können. Dazu bedarf es weitreichender Veränderungen der bestehenden Schulstrukturen, insbesondere hin zu kooperativeren Lernformen, die den herrschenden Konkurrenzdruck abbauen, einer größeren Flexibilität in der Gestaltung von Lernprozessen, einem Mehr an Mitbestimmung von Seiten der Kinder und Jugendlichen, sowohl bei der Schulentwicklung als auch der Unterrichtsgestaltung sowie einer offenen Feedbackkultur von Schüler*innen, Lehrkräften und Eltern.

Ein umfassender Bildungsbegriff, wie er auch im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen verankert ist, muss endlich in schulische Praxis übersetzt werden. Die Würde des Menschen, Verantwortungsbewusstsein, Hilfsbereitschaft, Aufgeschlossenheit, Völkerversöhnung, Demokratie – diese und andere Werte müssen stärker in den Schulen verankert werden. Dazu gehört auch ein klares Ja zu Inklusion und Vielfalt an bayerischen Schulen. Es ist ein Skandal, dass Kinder und Jugendliche aus einkommensärmeren Haushalten und migrantischer Herkunft immer noch systematisch in ihren Bildungschancen benachteiligt werden.

Gelebte Vielfalt bedeutet auch, die Möglichkeit einzuräumen, neue Wege im Bildungssystem zu gehen. Es gilt den gesetzlichen Rahmen des bayerischen Bildungswesens so zu ändern, dass alternative Schulkonzepte staatlich ermöglicht statt blockiert werden. Im Mittelpunkt muss dabei die Idee des längeren gemeinsamen Lernens stehen. Zudem ist anzuerkennen, dass frühkindliche Bildung so wichtig für die Lebenschancen eines jeden Menschen ist wie die spätere Schulbildung. Eine gute frühkindliche Bildung kann allerdings nicht einfach durch vorgezogenen Schulunterricht (Vorschule) erreicht werden, sondern nur durch eine Stärkung zeitgemäßer frühkindlicher Pädagogik im Rahmen der bereits vorhandenen und ausbaufähigen KiTa-Strukturen.

Die beste Bildung benötigt nicht nur das beste Personal, sondern vor allem auch eine ausreichende Personalausstattung. Noch immer sind die Schulen in Bayern am Limit. Eine individuelle pädagogische Lernbegleitung findet im Grunde nicht statt, weil die Lehrkräfte schlicht keine Zeit haben. Regelmäßige Fortbildungen müssen selbstverständlich werden und das Fortbildungssystem deutlich gestärkt und breiter aufgestellt werden. Schulleitungen müssen entlastet werden, die Personalhoheit muss bei den Schulen liegen.

Mit der digitalen Revolution, die unsere Gesellschaft und unser Alltagsleben rapide verändert, verändert sich auch das Lernen. Heute muss der Fokus des Lernens darauf liegen, mit einer stets zugänglichen Informationsflut umzugehen und sie kompetent und sinnvoll nutzen und kritisch hinterfragen zu können. Schulen müssen digitale Kompetenzen vermitteln, um Kinder und Jugendlichen zu einer autonomen und verantwortungsvollen Mediennutzung zu befähigen, um ihnen die Teilhabe an der digital basierten Kommunikation und Kooperation zu ermöglichen und sie auf eine nahezu durchgehend technologisierte Lebens- und Arbeitswelt vorzubereiten.

Es ist klar: Lernen und Bildung hört nicht mit dem Schulabschluss auf. Erwachsenenbildung muss solide und ausreichend finanziert werden. Lebenslanges Lernen darf nicht nur eine leere Floskel bleiben. Außerdem ist das duale deutsche System wirklich eine Errungenschaft, die es zu pflegen gilt. Dazu darf es aber nicht nur bei Lippenbekenntnissen bleiben, sondern Berufsschulen müssen zeitgemäß ausgestattet sein – der Beruf der Berufschullehrer*innen muss attraktiv sein, damit die Berufsschule mit der Wirtschaft konkurrieren kann.

Genauso wie die Hochschule befähigt sein muss, unabhängig von der Wirtschaft zu lehren und gerecht mit ihren Dozierenden umzugehen – Stichwort: befristete Arbeitsverträge. Und es der Studierendenschaft möglich sein muss, Demokratie an der Hochschule zu leben.

mut steht für:

– die Gestaltung der Finanzierung von Kindertagesstätten im Hinblick auf die Kindertagesgruppe, die jetzige Praxis ist zu bürokratisch und frisst Zeit,

– den Ausbau von qualitätsvoller, kindgerechter Betreuung für Kinder in jedem Alter. Dies ist auch für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wichtig, Kinder dürfen nicht nur „aufbewahrt“ werden,

– eine Öffnungsklausel für die Gemeinschaftsschule. Da, wo die Schulfamilie es will, muss eine Gemeinschaftsschule möglich sein,

– mehr Eigenständigkeit für die Schulen, z. B. durch ein eigenes Budget,

– mehr Personal, insbesondere pädagogische Fachkräfte, in allen Bildungseinrichtungen und mehr Investitionen in deren Aus- und Fortbildung,

– die Aufwertung des Erzieher*innen-Berufs im Sinne einer Gleichstellung mit dem Lehramt,

– die Förderung wissenschaftlich begleiteter Gesamt- bzw. Gemeinschaftsschulen,

– eine umfassende Bereitstellung digitaler Infrastrukturen, Hard- und Software,

– die Förderung von Schulen mit Mediennutzung. Leider gibt es in Bayern nur vereinzelt gelungene Beispiele, in denen digitale Technologien gut integriert wurden,

– die bessere Finanzierung von Erwachsenenbildung,

– mehr Lehrkräfte für die Berufsschulen,

– das Ende der Praxis von Entlassungen befristet angestellter Lehrer*innen über die Sommer- oder sonstige Ferien,

– die Zulässigkeit von befristeten Verträgen an Schulen und Hochschulen nur noch bei strikter sachgerechter Abgrenzung,

– die Stärkung der Instrumente zur Frauenförderung an den Hochschulen,

– die Sorge für eine unabhängige Lehre: bessere Grundausstattung für die Hochschulen, damit diese nicht von der Wirtschaft abhängig sind,

– die Einführung der verfassten Studierendenschaft und effektiver Partizipationsrechte von Studierenden an den bayerischen Hochschulen,

– den Ausbau von Schulen und Kindergärten zu echten Sozialzentren, in denen insgesamt Hilfe und Vernetzung angeboten wird.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

III. Asyl- und Zuwanderung

Menschenwürde, von A bis Z (Asyl bis Zuwanderung)

Grund- und Menschenrechte gelten ohne Ausnahme für alle, die sich in Deutschland aufhalten, nicht nur für Staatsbürger*innen. Es darf keine (grund)rechtsfreien Räume geben.

Deutschland ist ein Einwanderungsland, schon lange. Doch noch immer verweigern sich manche Parteien dieser Realität. mut setzt sich in Bayern dafür ein, dass die Menschenrechte unveräußerlich für alle gelten, auch für Geflüchtete. Ein menschenwürdiger Umgang mit Geflüchteten zeigt sich insbesondere in den Bereichen Freizügigkeit, Arbeit und Bildung sowie Kinder und Familie. Mit dem Thema „Unterbringung von Geflüchteten“ befassen wir uns im Kapitel Bürgerrechte.

Abschiebungen lösen keine Probleme. mut setzt sich gegen Abschiebungen ein. Alle Möglichkeiten der Fluchtursachenbekämpfung müssen ausgeschöpft werden. Dadurch kann es für Geflüchtete auch Perspektiven geben, in ihrem Herkunftsland eine Zukunft aufzubauen, falls sie dorthin zurückkehren. In die Entwicklung von Maßnahmen der Fluchtursachenbekämpfung sollte die Expertise von Geflüchteten mit einbezogen werden.

Wer dauerhaft hier lebt, erklärt damit zugleich, unsere rechtliche Grundordnung anzuerkennen. Damit meinen wir nicht den so oft bemühten „Leitkulturgedanken“. Statt von Integration zu reden, sollten deshalb gleiche Rechte für alle politisch eingefordert und die Frage sozialer Teilhabe in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung gerückt werden. Vorrang muss das Ziel rechtlicher Gleichstellung haben, weil eine Debatte über Kultur und Zusammenleben gar nicht anders als auf Augenhöhe geführt werden kann.

Menschen, die zu uns kommen, müssen sich – ebenso wie die schon hier Lebenden – an demokratische Grundwerte halten. Dazu gehören unter anderem die völlige Gleichstellung aller Geschlechter und sexuellen Orientierungen, die Trennung von Staat und Kirche und die Unabhängigkeit der Judikative, auch von religiösen Einflüssen.

mut steht für:

– die individuelle und sorgfältige Prüfung jedes Asylantrags, unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Antragsstellenden. Das heißt auch, dass das BAMF hinreichend ausgestattet sein muss, vor allem muss es Dolmetscher*innen geben, die wirklich der Sprache des Asylsuchenden mächtig sind,

– die Ablehnung von „Obergrenzen“ der Zuwanderung – es kann sie faktisch und darf sie theoretisch nicht geben,

– die Ablehnung des Konstrukts des sicheren Herkunftsstaates,

– ein Europa ohne Abschottungspolitik,

– das Schaffen von Zuwanderungsberechtigungen jenseits der herkömmlichen Asylgründe, um Menschen in wirtschaftlicher Nothilfe zu gewähren – Bayern und Deutschland brauchen sofort ein Einwanderungsgesetz,

– das Ende der Unterstützung von menschenverachtenden Regimen zum Zweck der Verhinderung von Migration in die EU – im Gegenteil: Länder, die das Leid Geflüchteter vermehren, müssen sanktioniert werden,

– die Möglichkeit der Durchführung von Asylverfahren bereits im Herkunftsland in der deutschen Auslandsvertretung, damit niemand auf lebensgefährliche Fluchtwege angewiesen ist,

– den Aus- statt Abbau der staatlichen Seenotrettung im Mittelmeer und die Entkriminalisierung von zivilen Seenotrettungsorganisationen,

– die Revision der Dublin-Abkommen, die hauptsächlich ein Schutzabkommen für Deutschland sind. Finanzielle Ausgleiche über einen gemeinsamen Fonds der EU je nach Zahl der Aufgenommenen sollen als Lösung angestrebt werden,

– Den Anspruch für jeden Menschen, der Asyl beantragt, auf rechtliche Beratung und anwaltlichen Beistand von Anfang an,

die Aufhebung jedweder Einschränkung der Rechtsweggarantie für Geflüchtete,

– die Anerkennung von Migration aufgrund des Klimawandels und aus Gründen von Hunger und fehlenden Überlebensmöglichkeiten als Fluchtgründe. Wir werden uns dafür einsetzen, dass das Aufenthaltsgesetz im Sinne von schnelleren und einfacheren Bleiberechtsmöglichkeiten geändert wird.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Wohnen

Wohnen ist ein Grundrecht. Deswegen muss ein würdiges Wohnen auch für Geflüchtete

gelten.

mut steht für:

– die Möglichkeit, vom ersten Tag an in einer eigenen Wohnung bzw. bei Verwandten oder Freunden privat zu wohnen,

– die Einführung einer erweiterten Meldepflicht statt einer Residenzpflicht, bei der die aktuelle Adresse während des Asylverfahrens durch die örtliche Meldebehörde auch dem BAMF mitgeteilt wird,

– die Ablehnung der sogenannten Transitzentren oder Anker-Zentren.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Arbeit und Bildung

Jede*r hat das Recht zu arbeiten und sich zu bilden; eine Einschränkung dieses Rechts aufgrund einer vermuteten begrenzten Aufenthaltsdauer ist nicht akzeptabel. Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten nützen allen: den Ausbildungsbetrieben, dem Staatshaushalt und natürlich den Geflüchteten selbst, auch dann, wenn sie wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren. Das ist die beste Form von Entwicklungshilfe.

mut steht für:

– die Erlaubnis für Geflüchtete, vom ersten Tag an eine Arbeit aufzunehmen,

– Angebote von Anfang an, die zum einen Deutschkenntnisse, zum anderen Besonderheiten der Lebenssituation in Deutschland vermitteln (z. B. Grundgesetz, Arbeits- und Mietrecht, Umgangsformen). Die Teilnahme an entsprechenden Kursen muss für alle möglich und verpflichtend sein,

– die Umsetzung von Bundesrecht auch in Bayern: 3plus2 erlauben. Diese Regelung bietet eine Perspektive für Menschen, die kein dauerhaftes Bleiberecht erhalten, wenn sie eine Ausbildung absolvieren (3 Jahre), anschließend 2 Jahre lang in dem erlernten Beruf in Deutschland zu arbeiten.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Familie und Kinder

Familien – und nicht nur deutsche Familien – stehen laut Grundgesetz unter besonderem Schutz. Eltern und minderjährige Kinder gehören zusammen, ebenso wie Menschen in Partnerschaften. Familiennachzug darf nicht durch eine Quote begrenzt werden, er darf auch nicht nur für Menschen mit einem bestimmten Aufenthaltsstatus gelten. Familien sind Familien, ganz egal woher sie stammen und wie sie sich zusammensetzen.

mut steht für:

– den besonderen Schutz und die Unterstützung von Familien in Unterkünften,

– den Besuch von Regelschulen für Kinder im schulpflichtigen Alter von Anfang an, für Kinder im Vorschulalter eine Kindertagesstätte außerhalb der Unterkunft,

– die Sorge für geeignete Übergangsklassen,

– die besondere Unterstützung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Für sie müssen dieselben Vorschriften der Jugendhilfe gelten wie für deutsche Kinder und Jugendliche und zwar auch nach Vollendung des 18. Lebensjahres. Ein schneller Familiennachzug hilft den jungen Geflüchteten und spart Kosten.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Keine Lager in Bayern!

Es ist selbstverständlich, dass Geflüchteten Grundrechte zustehen – auf Arbeit, Wohnen, Privatsphäre und soziale Teilhabe. Das Gegenteil ist jedoch in den bestehenden und geplanten Lagern der Fall. Die Menschen dürfen nicht arbeiten, nicht kochen, sich nicht bilden und haben kaum Zugang zu Beratung oder der einheimischen Bevölkerung. Innerhalb von Lagerzäunen wird eine Parallelgesellschaft errichtet, der verwehrt wird, einen Lebensinhalt und eine Perspektive aufzubauen. Das schadet nicht nur denjenigen, die es erleiden müssen – es sät Unfrieden und spaltet die Gesellschaft. Auch wenn viele drum herumreden: Die sogenannten Transitzentren und Anker-Zentren sind nichts Anderes als Lager – von ihrer Größe wie ihrer Struktur. mut wendet sich klar gegen diese Art der Unterbringung: Sie verstößt gegen Artikel 1 des Grundgesetzes.

mut steht für:

– eine Art der Unterkunft, die die Menschenwürde der Geflüchteten achtet und sobald wie möglich in eine normale Wohnform mündet,

– die Sicherstellung Kontakte mit der einheimischen Bevölkerung zu ermöglichen, auch bei vorübergehender Unterbringung in einer Erstaufnahmeeinrichtung, in einer Gemeinschaftsunterkunft oder einer dezentralen Unterbringung in kleinen Einheiten. Dabei ist einer psychischen Überlastung der bereits durch die Erlebnisse im Herkunftsland und auf der Flucht traumatisierten Geflüchteten vorzubeugen,

– ein gutes Management für die Unterkünfte statt schlecht bezahlter und mangelhaft ausgebildeter Sicherheitsdienste, das in der Rolle einer Hausverwaltung bei Problemen und Konflikten ansprechbar ist. Gibt es einen privaten Helferkreis, bilden Hausverwaltung und Helferkreis ein Aufsichtsgremium, das gemeinsam die Belange der Geflüchteten vertritt. Offiziellen Vertreter*innen der Helferkreise ist Zutritt zu den Unterkünften zu gewähren,

– Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Familien, alleinstehenden Frauen und queeren Menschen. Hier sollten eigene, geschützte Unterkünfte entstehen. Außerdem müssen kranke, behinderte und traumatisierte Menschen besondere Unterstützung und Angebote erhalten,

– die Einsetzung eines unabhängigen und personell gut ausgestatteten Sozialdienstes in jeder Unterkunft, der u. a. bezüglich eines Umzugs in eine private Wohnung unterstützt sowie an fachlich kompetente Dienste vermitteln kann. Die Selbstverwaltung fördern.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Fluchtursachen bekämpfen – aber im Ernst!

Ausbeutung und Perspektivlosigkeit durch Armut

Seit den Zeiten der Kolonialisierung werden „südliche“ Länder ausgebeutet. International vereinbarte Sozial- und Arbeitsstandards werden nicht eingehalten, Rohstoffe werden steuervergünstigt abgebaut und in anderen Ländern veredelt, Gewinne werden nur von der Elite oder ausländischen Investoren abgeschöpft. Die Freihandelsabkommen sichern oftmals das Überschwemmen mit subventionierten, zollfrei eingeführten Produkten aus der EU, den USA und aus China, was die einheimischen Märkte in den Ruin treibt. Gestützte Weltmarktpreise und Schutzzölle machen den Verkauf und Export im Land hergestellter Produkte unmöglich. Lizenzen aus dem Ausland müssen teuer erworben werden, einheimische Lizenzen für Schürfrechte und Fischfang werden weit unter Wert verkauft.

Nahrungsmittelspekulation und Landraub durch ausländische Unternehmen verhindern die Versorgung der Bevölkerung mit dem Allernotwendigsten. Statt Lebensmitteln werden Pflanzen zur Biosprit-Gewinnung für den Export angebaut. Öffentliche Dienstleistungen und staatliche Betriebe – Telekommunikation, Wasser, Elektrizität, Gesundheitswesen – werden privatisiert und an ausländische Investoren vergeben. Wir können unser hohes Wohlstandsniveau nur auf Kosten der Menschen in den Entwicklungsländern halten, das muss uns allen bewusst sein!

mut steht für:

– die Neuausrichtung unserer Agrar- Handels-, Klima- und Außenpolitik,

– eine ernährungssichernde Landwirtschaft durch Stopp der Einfuhr von subventionierten Lebensmitteln und strikte Beschränkung des Anbaus von Pflanzen zur Biosprit-Gewinnung,

– faire Handelsabkommen, die auf sozialen und ökologischen Standards aufbauen,

– gesetzliche Verpflichtungen statt freiwilliger Selbstverpflichtung deutscher Unternehmen,

– die Stärkung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft statt Agrarindustrie,

– faire Preise für Fischfang-/Schürflizenzen und strikte Überwachung der Einhaltung von Regularien durch geeignete Gremien,

– das Verbot von Lebensmittelspekulation,

– die Bekämpfung des Landraubs,

– einen Stopp der Ausbeutung von Bodenschätzen,

– die Etablierung, mit internationaler Unterstützung, von Gesundheitsversorgungsprogrammen, die für alle Bevölkerungsteile zugänglich sind,

– legale Arbeitsmigration nach Europa.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Fluchtursachen bekämpfen – aber im Ernst! Umweltzerstörung und Klimawandel

Regionale Fehlentwicklungen haben weitreichende globale Konsequenzen. Abholzung, Verbrennung fossiler Energieträger, erhöhter Ausstoß von Treibhausgasen, ansteigender Verkehr, extensive Landwirtschaft verursachen den Klimawandel. Dies und der brutale Abbau von Rohstoffen, vielfach unter Einsatz chemischer Giftstoffe, führt zu einer dramatischen Verschlechterung der Lebensverhältnisse überwiegend für Menschen in den sogenannten ärmeren Ländern. Die Auswirkungen sind ein Ansteigen des Meeresspiegels, Wasser- und Lebensmittelknappheit, Dürren, Ernteausfälle und vielfältige andere Naturkatastrophen, die die Menschen ihrer Lebensgrundlage berauben. Dies führt zu Hungersnöten, Ressourcenkonflikten und verschärft regionale Krisen. Umweltmigration und Klimaflucht sind die Folgen.

mut steht für:

– verbindlichen, nachhaltigen Klimaschutz weltweit,

– den Stopp des Exports von Wasser durch multinationale Unternehmen,

– die Einschränkung des Wasserverbrauchs für industrielle Projekte bei sinkendem Grundwasserspiegel,

– die Anerkennung von Migration aufgrund des Klimawandels und aus Gründen von Hunger und fehlenden Überlebensmöglichkeiten als Fluchtgründe,

– den Stopp profitgesteuerter Abholzung von Wäldern,

– den Stopp von Fracking und Ölsandabbau, den Schutz bedrohter Völker, Flora und Fauna.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Fluchtursachen bekämpfen – aber im Ernst! Diskriminierung und Verfolgung

In vielen Ländern werden Menschen z. B. wegen ihrer Religion, ethnischen oder Standeszugehörigkeit, Geschlecht, Hautfarbe, Sprache, politischen Anschauung oder sexuellen Ausrichtung verfolgt. Ihnen drohen staatliche und nicht-staatliche Gewalt mit langen Haftstrafen, Folterungen bis zur Hinrichtung. Sie leiden unter massiven Menschenrechtsverletzungen wie Unterdrückung, Ausgrenzung, Mangel an Bildungsangeboten, fehlendem Arbeitsmarktzugang, Unterbringung in Lagern und werden nicht selten Opfer von Menschenhandel, Sklaverei und Zwangsprostitution oder Genitalverstümmelung. Diskriminierung und Verfolgung aufgrund von abweichenden Lebensweisen stellen weltweit nicht die Ausnahme, sondern die Regel dar und bedrohen Leben und Gesundheit der Betroffenen.

mut steht für:

– die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich in Transit- und Herkunftsstaaten für Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und Frieden engagieren,

– die Verknüpfung von Entwicklungshilfe und privater Investitionen mit der Einhaltung von Menschenrechten,

– die Förderung von Frauen und den Schutz vor Gewalt, weltweite Ächtung von Genitalverstümmelung bei Mädchen,

– die Ächtung jeglicher Einschränkung der sexuellen Selbstbestimmung unter erwachsenen Menschen,

– die Förderung der Bildung vor Ort.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

mut: Die Menschenwürde unbedingt achten

In diesen Zeiten, in denen Menschenrechte allerorten mit Füßen getreten werden, braucht es Solidarität zuallererst mit all jenen, deren physische und psychische Integrität systematisch verletzt wird: Mit Menschen, die in Lagern zusammengepfercht werden, mit Menschen ohne Obdach und ohne Arbeit – und mit denen, die von ihrer Arbeit nicht leben können. Exemplarisch wollen wir unsere Solidarität mit den Geflüchteten betonen sowie mit deren Freund*innen und Unterstützer*innen. Freiheit, Sicherheit und Humanität sind keine Begriffe für Sonntagsreden, deren Werte man im politischen Alltag mit Füßen treten kann. Die Politik des So-Redens und Anders-Handelns muss ein Ende haben.

mut fordert:

  • Entkriminalisierung der Seenotrettung und Wiedereinführung derselben als staatliche Pflichtaufgabe,
  • keine Kriminalisierung von Menschen, die Geflüchteten ein menschenwürdiges Leben in Deutschland ermöglichen wollen,
  • sofortiger Stopp aller Abschiebungen,
  • gesicherter Aufenthaltsstatus für alle Geflüchteten: Kein Mensch ist illegal!
  • Auflösung aller Lager für Geflüchtete und Sicherstellung ihrer dezentralen Wohnunterbringung,

Aus dem Leitantrag zum Parteitag 2019

IV. Chancengleichheit Stadt und Land

Finanziell starke Kommunen

Grundsätzlich gilt: Nur in und mit einer starken Kommune kann es gelingen, Lebensverhältnisse zu gestalten, die den Menschen ein Leben in „benachteiligten“ Gegenden lebenswert erscheinen lässt. Zugleich aber gibt es auch bei der kommunalen Ebene übergeordnete Ziele, die eine Politik für bessere Lebensverhältnisse in ganz Bayern zu verfolgen hat. Bislang praktiziert bei der Ausweisung von Gewerbegebieten jede Gemeinde nur Kirchturm-Denken – es muss aber erreicht werden, dass wir insgesamt erheblich weniger Fläche versiegeln. Der Appell an interkommunale Zusammenarbeit reicht also nicht aus.

mut steht für:

– die Abkehr vom Förderdschungel bei Einzelmaßnahmen, so dass nicht wieder die Renovierung der Straße mehr Zuwendungen bekommt als die der Schule,

– die schrittweise Anhebung des Anteils am Steueraufkommen für die Kommunen,

– die Verlagerung der Ausweisung von Gewerbegebieten auf die Ebene des Bezirks.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Infrastruktur erneuern und ausbauen

Es ist klar: Niemand kann gezwungen werden, in einer bestimmten Gegend oder Region zu wohnen. Doch der Staat hat die Verantwortung dafür, die Bedingungen für gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Das heißt zum Beispiel, nicht etwa noch durch Ansiedlungen von Behörden ungleiche Verhältnisse in Bayern zu zementieren. mut fordert einen ganzen Strauß an Maßnahmen zur Stärkung der öffentlichen Infrastruktur auch im ländlichen Raum – von der Bildungseinrichtung bis zur Datenautobahn.

mut steht für:

– die vermehrte Förderung von Daten- und Funkautobahnen anstelle des Straßenbaus,

– guten öffentlichen Nahverkehr (siehe eigenes Kapitel),

– das Ende der Förderung nach Gießkannenprinzip,

– generationenübergreifendes Denken bei Förderungen,

– die Ermöglichung der Entscheidung über eine Gemeinschaftsschule vor Ort: „Kurze Beine – kurze Wege“ sollte kein leeres Lippenbekenntnis bleiben,

– die Einrichtung von Lehr- oder Forschungseinrichtungen dort, wo es infrastrukturell möglich oder zu ermöglichen ist, auf dem Land,

– eine infrastrukturell gute Ausrüstung insbesondere von Grenzregionen, gerade im Sinne des europäischen Gedankens,

– die dezentrale Ansiedlung von Einrichtungen des Freistaats: das Oberste Bayerische Gericht in Hof statt in München, den staatlichen Konzertsaal nicht in München, sondern in Nürnberg.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Bayern, ein Kulturstaat – mit lebendiger Subkultur

Die Förderung der Kultur ist eine staatliche Verpflichtung. Nicht umsonst stellt die Bayerische Verfassung (Art. 3) den Kulturstaat auf eine Ebene mit dem Sozial- und dem Rechtsstaat. Aufgabe staatlicher Politik ist es, der Kultur in Bayern einen Raum zu schaffen, der es jeder Person ermöglicht, ihre Kreativität frei und unabhängig zu entfalten.

Dafür muss die Kulturförderung so mannigfaltig sein, wie das kulturelle Leben im Freistaat bunt ist. Die Politik der bayerischen Staatsregierung unterläuft dieses Ziel systematisch.

Kultur ist vielfältig – Kulturpolitik muss entsprechend breit gefächert sein. Es gilt, die kulturelle Vielfalt zu sichern und ihre Entfaltung unabhängig von unmittelbarem staatlichem Einfluss zu ermöglichen. Kultur ist nicht bloß Kunst, und Kunst wird nicht nur in Bayreuth aufgeführt oder in der Alten Pinakothek ausgestellt. Zu einem breiten Kulturbegriff gehören Hoch-, Sub-, Sozio- und Gegenkultur, zu ihm zählen Brauchtum und Denkmalspflege ebenso wie Straßenfeste und freies Theater, Künstlerateliers und Proberäume nicht weniger als das Oktoberfest.

Kulturförderung erschöpft sich nicht in Beihilfen und Subventionen, Mäzenatentum und Preisverleihungen. In einer Gesellschaft, in der sich eine Kultur der Angst auszubreiten scheint, hat eine weit verstandene Kulturpolitik die Aufgabe, Angst nicht zu verstecken oder sie gar zu schüren, sondern sie zum Thema zu machen und einen gemeinsamen Umgang mit ihr zu finden. Dafür braucht es Bildung und Austausch, intellektuelle und soziale Freiräume. Es braucht Mut zu einer anderen Kulturpolitik. Denn in einem Kulturstaat, der seinen Namen verdient, blühen nicht nur die schönen Künste auf, sondern auch das gesellschaftliche Leben.

mut steht für:

– ein Verständnis von Kulturpolitik als wesentlichem Bestandteil öffentlicher Daseinsvorsorge,

– die konsequente Orientierung am Grundsatz der Sicherung von Vielfalt und einer Kulturförderung nicht nur für die gehobenen Stände und gebildeten Schichten,

– eine Konzentration der finanziellen Förderung auf jene Angebote und Akteure, die einer öffentlichen Unterstützung bedürfen – was auch ohne staatliche Hilfe am Markt zur Verfügung gestellt wird, muss nicht gefördert werden,

– eine Förderung gerade auch von sub- und gegenkulturellen Initiativen, Projekten und Programmen – weg von der staatstragenden Monokultur, hin zu mehr Mut zu freien Szenen und zivilgesellschaftlicher Kulturproduktion,

– eine Demokratisierung der Entscheidungsprozesse und -gremien staatlicher Kulturförderung, um der Versteinerung des Kulturbetriebs entgegenzuwirken.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Tourismus im Einklang von Mensch und Natur

Der Tourismus spielt in Bayern eine herausragende Rolle. Er ist nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor und Garant für hunderttausende Arbeitsplätze, sondern dient auch der individuellen und kollektiven Erholung. Zudem kann er ein Motor für Völkerverständigung und kulturellen Austausch sein – wenn er politisch angemessen gestaltet wird. Dabei gilt es immer auch Umweltinteressen zu berücksichtigen: Nachhaltigkeit und Schonung der natürlichen Ressourcen sind essenziell, um auch in Zukunft ein lebenswertes Leben zu ermöglichen.

mut steht für:

– die Vermeidung von umweltschädlichem Massentourismus,

– die Beendigung von Subventionen nach dem Gießkannenprinzip, stattdessen gezielte Förderung von Einrichtungen wie Öko-Hotels, CO2-neutralen Ferienanlagen usw.,

– faire Löhne und Arbeitszeiten in der Hotellerie und Gastronomie, Ausweitung der Kontrollen,

– das Aufgreifen der Trends der Zukunft und ihre Nutzung für den Tourismus: Digitalisierung, Gesundheitstourismus, Barrierefreiheit,

– Kooperation statt Konkurrenz unter Anbietern: statt „Kirchturmdenken“ mehr (grenzüberschreitende) Zusammenarbeit, Maßnahmen und Budgets sind nach Möglichkeit zu bündeln, Destinationsmanagement überregional auszurichten,

– die unbedingte Achtung des bewährten Alpenplans: Hände weg von den Alpen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

V. Europa

Europa? Ja, aber demokratisch und solidarisch!

Europa ist in der Krise – oder jedenfalls das Wirtschafts-, Politik- und Sozialmodell der Europäischen Union. Diese Krise kommt nicht überraschend, denn sowohl das Demokratiedefizit der EU als auch die starke Orientierung auf die Schaffung eines Binnenmarktes bei Vernachlässigung der sozialen Dimension europäischer Vergemeinschaftung sind seit langem Gegenstand umfangreicher Kritik. Nur hat diese bei den entscheidenden Akteur*innen der europäischen Politik – gerade auch in Deutschland – kein Gehör gefunden. Die Geschehnisse rund um die „Griechenlandkrise“ haben jedoch in aller Deutlichkeit gezeigt, was in der EU im Argen liegt. Für mut steht fest, dass Europa bzw. die EU eine unverzichtbare Ebene politischer Gestaltung ist – und dass sich „Griechenland“, sprich die marktliberale Geiselnahme praktisch einer ganzen Gesellschaft, nicht wiederholen darf. Europa muss solidarisch sein oder es wird nicht sein bzw. in eine Ansammlung von Wettbewerbsstaaten zerfallen, in denen sich die soziale Ungleichheit und die Gefahr gewaltsamer Konflikte weiter verschärft.

mut steht für:

– eine Demokratisierung der EU mit dem Ziel einer Stärkung des Europäischen Parlamentes. Das Demokratiedefizit innerhalb der Europäischen Union kann nur durch eine Stärkung des Parlamentes erreicht werden,

– die Entwicklung eines europaweit geltenden Wahlrechtes. Dazu gehört die Bildung staatenübergreifender Listen, die Bildung von Wahlkreisen und eines Zweikammersystems,

– eine Direktwahl von Spitzenpositionen wie die Präsident*innen der Kommission und des Rates,

– die Stärkung der Subsidiarität,

– die konsequente Überprüfung der EU-Außenhandelspolitik auf ihre ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen in Afrika, Asien und Lateinamerika,

– die Einrichtung eines Solidaritätsfonds der Länder der Europäischen Union in Höhe von 2 % des jährlichen BIP für die Förderung der Infrastrukturentwicklung in ärmeren Weltregionen,

– die Entmilitarisierung des europäischen Grenzregimes, Entwicklung einer solidarischen EU-Politik der Integration von Zuwandernden und Geflüchteten,

– eine transparente und öffentliche Verhandlung von Freihandelsabkommen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

mut: Die Europäische Union demokratisieren

Die EU ist ein Hort unsolidarischen Handelns, die massive Jugendarbeitslosigkeit in Ländern wie Spanien oder die Kürzungen im Gesundheitswesen Griechenlands sind ein europäischer Skandal. Statt aktiv gegen die Ungleichheit in der EU vorzugehen, überzieht man die krisengeschüttelten Länder mit einer Austeritätspolitik, die verheerende soziale Folgen hat. Gleichzeitig lässt man die Mittelmeeranrainer in der Migrationspolitik allein und duldet unerträgliche Zustände in den Flüchtlingslagern. Ein soziales Europa lässt sich nur mit einer demokratisierten EU herstellen – die zugleich auch die institutionelle Voraussetzung ist, um den Aufstieg der europäischen Rechten zu stoppen. Europa ist undemokratisch, weil es wesentliche Entscheidungen nicht im Parlament trifft und die Wege bis zur Entscheidung völlig intransparent sind.

mut fordert:

  • Stärkung des EU-Parlaments durch z. B. Gesetzes-Initiativrecht und das Recht zur Wahl der EU-Kommission,
  • sofortiges Wahlrecht für alle EU-Bürger*innen ab 16 Jahren bei allen nationalen Parlamentswahlen in den Mitgliedsstaaten,
  • ein Ende der maßgeblich durch Deutschland vorangetriebenen europäischen Austeritätspolitik,
  • ein europäisches Umverteilungssystem i. S. v. Strukturfonds, Eurobonds, Harmonisierung der Unternehmenssteuern, Europäischer Arbeitslosenversicherung,
  • Abschaffung des Dublin-Systems in der europäischen Zuwanderungspolitik.

Aus dem Leitantrag zum Parteitag 2019

VI. Frieden und Abrüstung

Unseren Frieden nicht auf dem Leid anderer aufbauen

Wenn wir die heutige Welt betrachten, sind wir weit von einer friedlichen entfernt. Es werden Stellvertreterkriege um Ressourcen und geostrategische Positionen geführt. Eigentlich gilt seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Gründung der Friedensorganisation „Vereinte Nationen“ ein weltweites Kriegsverbot. Zu diesem Verbot gibt es nur zwei Ausnahmen. Erstens gilt das Recht auf Selbstverteidigung. Das heißt ein Land, das angegriffen wird, darf sich verteidigen. Zweitens darf Krieg gegen ein Land geführt werden, wenn ein ausdrückliches Mandat des UN-Sicherheitsrates vorliegt.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Abrüstung

mut fordert:

  • eine Welt der atomaren Abrüstung und den Anschluss an die internationale Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen. Deutschland muss den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen und auf die Ratifizierung der anderen Länder drängen. Die nukleare Teilhabe ist abzulehnen, die stationierten Atomwaffen zurückzuziehen.
  • ein weltweites Verbot von mit Uran angereicherten Munitionen und Granaten, welche nachweislich für schwere Erkrankungen bis hin zu Krebs verantwortlich sind
  • die Schließung der NATO-Basis in Ramstein. Ramstein steht für den Drohnenkrieg, einen Krieg der wie ein Computerspiel geführt wird und der viele zivile Opfer forderte und weiterhin fordert. Deutschland beteiligt sich dadurch weiterhin an völkerrechtswidrigen Kriegen, deren Einsätze vor dem Parlament geheim sind, deren Opfer offiziell nicht gezählt werden und der komplett im rechtsfreien stattfindet. Extralegale Hinrichtungen sind grundsätzlich abzulehnen.
  • Abbau der Rüstungsausgaben. Investition stattdessen in zivile Infrastruktur, Förderung demokratischer Strukturen, Demilitarisierung auch im Ausland und Bildungsinitiativen. Umstellung der Rüstungsindustrie auf nachhaltige zivile Produkte (Rüstungskonversion). Keine Lizenzvergabe zur Produktion deutscher Rüstungsgüter und Waffen im Ausland.
  • Die sofortige Überprüfung der Rüstungsexporte. Es werden nur noch Exportgenehmigungen für Länder vergeben, welche folgende Punkte ohne Ausnahme erfüllen:
    • Teil der NATO
    • nicht Krieg führend außerhalb von UN-Mandaten
    • UN-Menschenrechtscharta ratifiziert
    • Internationalen Gerichtshof anerkannt
  • die Erhebung einer Friedenssteuer von 50% auf die verbleibenden Gewinne der Rüstungsindustrie die Verwendung des Geldes für Migration, Hilfe beim Aufbau der zerstörten Gebiete und Traumabehandlung der Opfer.
  • Keine Hermesbürgschaften bei Rüstungsexporten.

Parteitagsbeschluss 2019, Landtagswahlprogramm 2018 überarbeitet

Demilitarisierung

mut fordert den sofortigen Beginn einer schrittweisen Reform der NATO und einen Abbau der Rüstungsausgaben. Die OSZE soll weiter gestärkt und ausgebaut werden. Interventionen im Ausland ohne UN-Mandat werden abgebaut, der Rückzug deutscher Soldaten unverzüglich eingeleitet.

mut fordert, dass Intervention im Ausland den Aufbau von ziviler Infrastruktur, Förderung demokratischer Strukturen, Demilitarisierung und Bildungsinitiativen zum Ziel haben muss. Militärische Interventionen im Ausland ohne UN-Mandat sind als völkerrechtswidrig konsequent abzulehnen.

mut fordert keine Werbung der Bundeswehr an Schulen und sonstigen zivilen Bildungseinrichtungen.

mut fordert die Bereitstellung eines umfangreichen Angebotes für Traumatherapie für Kriegsveteranen, einberechnet in den Verteidigungshaushalt.

mut fordert eine grundsätzlich pazifistische Ausrichtung der Gesellschaft und der Bundeswehr.

mut fordert, dass Minderjährigen in der Bundeswehr ausgeschlossen werden, sowohl in der Arbeit als auch in der Ausbildung.

mut fordert, dass in Schulen über Frieden aufgeklärt werden muss. Das Ziel der Bundeswehr ist das Wohlergehen aller Menschen. Gewalt ist dabei der allerletzte Schritt.

Parteitagsbeschluss 2019

VII. Jugend

Kinder und Jugendliche: Mit dabei

mut steht für eine Politik ein, die Kindern und Jugendlichen eine Stimme gibt. Ihre Stimme muss Gewicht haben, um endlich von Politik und Gesellschaft gehört zu werden. Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche in allen gesellschaftlichen Bereichen viel stärker als bisher beteiligt werden und mitentscheiden können. Dazu zählen wir auch die Verbesserung der Rechtsansprüche von allen hier lebenden jungen Menschen. Gerade junge Menschen sind politisch interessiert und engagieren sich sehr vielseitig. Wir möchten dieses Engagement nachhaltig stärken und gemeinsam mit jungen Menschen neue, inklusive Möglichkeiten der Mitbestimmung schaffen, damit diese ihre Ideen und Forderungen einbringen und auch durchsetzen können.

mut steht für:

– mehr schulische und außerschulische politische Bildung zur Demokratie: Damit ist nicht nur der klassische Sozialkunde-Unterricht gemeint, sondern grundsätzlich eine Unterrichtskultur, die stärker auf Analysieren, Debattieren und das Einüben von Dialogfähigkeit Wert legt,

– eine Herabsetzung des Mindestalters für alle Wahlen auf 16 Jahre: Demokratisches, verantwortungsvolles Handeln lernt nur, wer selbst mitgestalten und Demokratie (er-)leben kann,

– die Einführung eines Rede- und Antragsrechts auf Bürgerversammlungen in der Kommune – für Menschen jeden Alters.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

IIX. Gleichstellung (Frauen, Queer)

Vielfältiges Bayern

Eine freie, demokratische Gesellschaft muss es allen Menschen garantieren, jederzeit, an jedem Ort, ohne Angst und Anfeindung verschieden sein zu können. Um diese vielfältige Gesellschaft zu gestalten, ist mut angetreten. Eine Politik der Diskriminierung und Ausgrenzung ist eine Gefahr für die Demokratie und schadet auch dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Um diese Politik in Bayern zu beenden, braucht es Mut zur Vielfalt.

Vorurteile und Stereotype dienen dazu, Menschen, aber auch Gruppen zu diskriminieren und zu benachteiligen. Es ist Aufgabe der Politik, jede Art der Vorverurteilung und Ungleichbehandlung aufgrund von äußeren Merkmalen, Herkunft, Sexualität, sexueller Identität, einer Behinderung, Namen oder Religionszugehörigkeit aufs Schärfste zu verurteilen und zu verhindern. Wir alle müssen wachsam sein, wann immer Menschen bewusst oder unbewusst diskriminiert werden. Dies reicht von Äußerungen in der Öffentlichkeit und den sozialen Medien bis zur Berichterstattung in Presse, Rundfunk und Fernsehen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Frauen in der Arbeitswelt

Frauen sind die Hälfte der Bevölkerung – nicht Mütter, sondern Frauen. Deswegen ist Frauenpolitik nicht gleich Familienpolitik. Selbstredend muss es für ein gutes Aufwachsen von Kindern und ein gutes Arbeiten-gehen-Können der Eltern eine gute Betreuung für Kinder geben, das heißt: genug Betreuungsplätze, Angebot von qualitativ hochwertiger Ganztagsbetreuung. Bayern hat hier in der Vergangenheit viel verschlafen – es gilt aufzuholen. Damit Frauen ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben führen können und damit Chancengerechtigkeit zwischen den Geschlechtern herrscht, braucht es grundlegende Veränderungen.

mut steht für:

– das Bewusstmachen von Stereotypen als Teil des Lehrplans, in Ausbildung und Fortbildung, und die Entwicklung von individuellen und gemeinsamen Strategien, um vom Kindergarten über die Schule bis in Betriebe und Medien hinein vereinfachendes Schubladendenken und daraus folgende Diskriminierungen abzubauen,

– eine gendergerechte Erziehung, einschließlich gendergerechter Sprache – bereits in der Vorschule,

– den Einsatz von Instrumenten in der Arbeitswelt wie die Quote in Aufsichtsräten und auf Managementpositionen,

– die Sicherstellung der gleichen Entlohnung von Männern und Frauen,

– die endlich bessere Bezahlung in typischen „Frauenberufen“,

– ein Paritègesetz nach französischem Vorbild,

– eine wirklich gleichberechtigte Besetzung von Parlamenten und Wahlgremien,

– eine grundlegende Reform des Gleichstellungsgesetzes,

– die Abschaffung des Ehegattensplittings mit Stichtag (in Verbindung mit einer Kindergrundsicherung),

– die Adressierung auch von Männern in ihrer Rolle als Väter,

– die Schaffung von flexiblen Möglichkeiten der Betreuung, insbesondere der bedarfsweisen Kinderbetreuung, auch wenn Eltern ungewöhnliche Arbeitszeiten haben.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Schutz von Frauen

Unabhängig von der Arbeitswelt ist es wichtig, die besonderen Bedarfe von Frauen zu sehen. Die CSU schafft es seit Jahren nicht, ein einigermaßen angemessenes Beratungs- und Schutzangebot zu schaffen. Natürlich gibt es auch Männer, die von sexuellem Missbrauch oder Gewalt betroffen sind. Lange war dies ein Tabuthema. Zum Glück ist hier zumindest das Schweigen gebrochen, auch wenn daraus ein Handlungsbedarf folgt. Doch der weitaus größere Teil der Opfer von sexualisiertem Missbrauch und Gewalt sind Mädchen und Frauen.

mut steht für:

– ein bedarfsgerechtes Angebot an Frauenhäusern und Beratungsstellen. Die Not ist offenkundig, es sind nicht weiter Konzepte zu entwickeln, sondern es ist endlich zu handeln,

– die Schaffung von genügend Notunterkünften für obdachlose Frauen, insbesondere im ländlichen Raum,

– ein gut ausgebautes Netz an Beratungsstellen für Opfer von Gewalt und genügend Betten in Frauenhäusern,

– ein Recht auf Unversehrtheit und Selbstbestimmung – ganz schlicht: „Nein heißt nein.“

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Queer

Das Wort „queer“ stammt ursprünglich aus dem Englischen und entstand als Schimpfwort. Mittlerweile ist der Begriff außerhalb des englischsprachigen Raumes geläufig, eine Selbstbezeichnung und ein politischer Begriff, der sich gegen Normen richtet. Er schließt vielfältige Formen von sexueller/romantischer Orientierung und Geschlecht ein, die von Heteronormativität oder der Zweigeschlechtlichkeit abweichen.

Die offene Gesellschaft braucht eine offensive Vorwärtsverteidigung, ein ständiges Bemühen, Menschen für eine Kultur der Akzeptanz zu gewinnen. Queeres Leben muss selbstverständlich und sichtbar sein. Queere Menschen leben heute selbstbewusst, offen und akzeptiert: in der Familie, in der Nachbarschaft, im Verein. Trotzdem ist die feindselige Einstellung gegenüber diesen Menschen noch nicht überwunden. Im Gegenteil: Beleidigungen und Diskriminierungen, Anfeindungen und Übergriffe bis hin zur offenen Gewalt gehören zur alltäglichen Wirklichkeit. Rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte kämpfen voller Hass darum, queere Menschen in ihren Rechten und Entfaltungsmöglichkeiten zu beschneiden und sie wieder aus dem öffentlichen Leben zu drängen. Diesen Kräften stellt sich mut entgegen. Mutige Politik verteidigt nicht nur das Erreichte, sondern muss weitere Fortschritte erreichen wollen.

Das gilt für den großen Reformbedarf im Familien- und Abstammungsrecht. Trans- und intersexuellen, sowie nicht-binären Menschen wird immer noch ein gleichberechtigter Platz in unserer Rechtsordnung verweigert. Die rückwärtsgewandte Politik der CSU darf dabei nicht länger blockieren und verzögern. Vielmehr muss bayerische Politik endlich Impulse geben und mit Vorbild vorangehen. Dafür wollen wir sorgen: Für mut kommen vor Tradition und Religion immer die Menschenrechte.

mut steht für:

– eine Koordinierungsstelle oder eine*n Landesbeauftragte*n – Bayern hat Beauftragte für viele Politikfelder. Es wird höchste Zeit, eine*n für queere Angelegenheiten einzusetzen. Die Aufgabe hierbei ist es, Maßnahmen zum Abbau der Diskriminierung anzustoßen und zu koordinieren,

– einen Aktionsplan gegen Diskriminierung und für Akzeptanz wie in anderen Bundesländern. Es muss in Bayern eine gezielte Bekämpfung von Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie und eine Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz geben. Dies ist die Grundlage zur Verhinderung von Hass und Gewalt gegen queere Menschen,

– eine akzeptanzfördernde Bildung in Bayern. Die Bildungsrichtlinien müssen überarbeitet werden und die Akzeptanz queerer Menschen fördern. Wir setzen uns ein für die Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften und die Sichtbarkeit queerer Lebensformen im Unterrichtsmaterial,

– die Ergänzung von Artikel 3, Absatz 3 im Grundgesetz, um die Merkmale der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. Bayern muss über den Bundesrat dafür sorgen, dass die Diskriminierung queerer Menschen verfassungsrechtlich verboten ist. Gleiche Rechte und gleicher Schutz für alle,

– eine menschenrechtsbasierte Gesetzgebung zur Anerkennung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität. Gesetzliche Hürden und Verordnungen müssen beseitigt, die geschlechtliche Selbstbestimmung ermöglicht werden,

– ein Verbot medizinisch nicht notwendiger Eingriffe an intersexuellen Menschen ohne die Einwilligung der Betroffenen, die nur zu dem Zweck erfolgen, den Menschen an eine geschlechtliche Norm anzupassen,

– die rechtliche Anerkennung und Absicherung von Kindern in Regenbogenfamilien. Regenbogenfamilien sind Teil der Familienvielfalt und müssen deshalb gleiche Rechte wie andere Familien haben,

– eine menschenrechtskonforme Flüchtlings- und Integrationspolitik für queere Geflüchtete. Geflüchteten Menschen gilt unsere Unterstützung und Solidarität. Queere Geflüchtete haben noch ganz andere Bedarfe, auf die in geeigneter Weise eingegangen werden muss,

– ein glaubwürdiges weltweites Eintreten für Entkriminalisierung und Akzeptanzförderung queerer Menschen. Bayern muss Botschafter für eine offene Gesellschaft werden und aktiv für Menschenrechte für alle eintreten,

– eine menschenrechtsbasierte Gesetzgebung zur Anerkennung der selbstbestimmten Geschlechtsidentität: Gesetzliche Hürden und Verordnungen (wie z.B. das Transsexuellengesetz) müssen beseitigt, die geschlechtliche Selbstbestimmung (inklusive der „dritten Option“) allen ermöglicht werden.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

XI. Inklusion

Inklusion bedeutet für mut vor allem, Menschen mit Behinderungen oder anderen Einschränkungen als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft wahrzunehmen, wertzuschätzen und ihnen die Teilhabe an Aktivitäten in allen gesellschaftlichen Bereichen zu ermöglichen. Langfristig muss sich Inklusion nicht nur auf Menschen mit Behinderung beziehen, auch wenn dies im momentanen Sprachgebrauch der Fall ist. Auch mit der Internationalen Konvention wird diese enge Definition beibehalten und mut orientiert sich in diesem Programm daran. Mit der Verabschiedung der Behindertenrechtskonvention (BRK) zur Inklusion im Dezember 2006 haben die Vereinten Nationen völkerrechtlich und behindertenpolitisch einen bemerkenswerten Reformschritt vollzogen. In der BRK zur Inklusion geht es nicht mehr um die Integration von „Ausgegrenzten“, sondern darum, von vornherein allen Menschen die uneingeschränkte Teilnahme an allen Aktivitäten möglich zu machen.

Die BRK zur Inklusion vollzieht damit einen Paradigmenwechsel in der Einstellung zu Menschen mit Behinderung: Während bisher die Defizite des Menschen mit Behinderung im Vordergrund standen und die Gesellschaft sich bemühte, ihn bei deren Bewältigung zu unterstützen (Hilfemodell), sieht die BRK zur Inklusion die Gesellschaft in der Bringschuld, die Lebensumstände für alle Menschen so auszugestalten, dass sie gleichberechtigt am Leben teilhaben können, nach dem Motto: Der Mensch ist nicht behindert, er wird behindert, und zwar durch die Gesellschaft. Damit geht die BRK zur Inklusion weit über bisherige Antidiskriminierungsgesetze hinaus. Sie ist eine Abkehr von der traditionellen, am Fürsorgeprinzip orientierten Behindertenpolitik hin zu einer rechtlich untermauerten gleichberechtigten Teilhabe, gemäß dem Prinzip der Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Daraus ergibt sich die Pflicht zur Abschaffung und Beseitigung aller konventionswidrigen Gesetze.

mut steht für:

– gewaltige Investitionen sowohl auf Bundes-, Landes- als auch auf kommunaler Ebene in Barrierefreiheit und inklusive Einrichtungen und Angebote sowie die Umsetzung der Konvention der Vereinten Nationen,

– klare Strukturen und Zuständigkeiten (wie z. B. bei Assistenz in der Schule für Kinder), keine Verschiebungen von Kosten zwischen den Verwaltungsebenen,

– die Teilhabe von Menschen mit Behinderung selbst an der Entwicklung und Umsetzung von Projekten, soweit dies möglich ist,

– umfassende Aufklärung und Bewusstseinsbildung,

– eine Monitoringstelle zur Überprüfung der Inklusionsmaßnahmen.

Wir werden im Bayerischen Landtag Punkt für Punkt der BRK zur Inklusion einfordern und darauf achten, dass diese bahnbrechende Konvention nicht zur Mogelpackung zu Lasten der Menschen mit Behinderung verkommt.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

X. Klima- und Umweltschutz

Energie – aus Sonne, Wind und Speicher

Die gängige Rede von der Alternativlosigkeit in der Politik ist im Grunde der Inbegriff von Anti-Politik – denn es gibt immer mehrere Möglichkeiten, Gesellschaft zu gestalten. Um sich für die Zukunft die Möglichkeit einer politischen Gestaltung von Gesellschaft aber überhaupt zu bewahren, ist eines in der Tat ohne Alternative: Die natürlichen Grundlagen menschlichen Lebens müssen geschützt und bewahrt werden. Die erst halbherzig begonnene Energiewende muss jetzt systematisch angegangen und gefördert werden, der schnelle, unumkehrbare Ausstieg aus der Nutzung von Atomkraft und fossilen Energieträgern ist ebenso eine unabdingbare Voraussetzung wie der Einstieg in eine dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien.

Nachhaltig leben zu wollen bedeutet, den Ausbau regenerativer Energien bis zur schnellstmöglichen Vollversorgung voranzutreiben. Dabei streben alle Regionen einen höchstmöglichen Grad an Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien an, die dezentrale Produktion von Strom und Wärme garantiert die Leistungsfähigkeit einer alternativen Energieversorgung der Zukunft. Sie reduziert massiv die Schadstoffbelastung unserer Luft und ist damit die einzig richtige Antwort auf die Klimakatastrophe und die deutschen nicht eingehaltenen Verpflichtungen zum Klimaschutz. Die Gefahr einer irreversiblen Schädigung des globalen ökologischen Gleichgewichts wird reduziert, hunderttausendfach auftretende, schadstoffbedingte Krankheiten und Todesfälle könnten vermieden werden.

Gegenwärtig findet die Energiewende weitgehend ohne Unterstützung durch die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung statt. Mittlerweile wird selbst dort eingeräumt, dass Deutschland und Bayern zu Nachzüglern in Sachen Klimaschutz geworden sind. Kommunal und regional sind jedoch bereits unzählige Einzelmaßnahmen in Angriff genommen und erfolgreich umgesetzt worden, viele Städte und Gemeinden, Landkreise und Organisationen verfügen über hervorragend ausgearbeitete Klimaschutzkonzepte. Diese Pläne müssen durch die künftige Staatsregierung massiv gefördert, umgesetzt und ausgebaut werden.

All dies nicht nur zum Schutz unserer eigenen Lebensgrundlagen. Das herrschende fossile Energieregime ist ein gigantischer globaler Konflikttreiber, es befördert systematisch politische Korruption und ökonomischen Stillstand in anderen Weltregionen. Der Klimawandel ist zudem ein Grund für Flucht.

Bayern steht dabei in der Verantwortung gegen den globalen Klimawandel, eine regionale Nachhaltigkeitsstrategie allein hält den globalen Klimawandel nicht auf.

mut steht für:

– die Einrichtung einer landesweiten und ressortübergreifenden Koordinierungsstelle „Energiewende“ in der Staatsregierung,

– die landesweite Förderung von Photovoltaik, Solarthermie, Windkraft, Kraft-Wärme-Kopplung und dezentralen Energiespeichern,

– eine massive Förderung von Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs, u. a. durch Gebäudesanierung und Förderung geeigneter Technologien zum Energiesparen,

– den konsequenten Einsatz für die Einführung einer nationalen CO2-Abgabe auf Treibhausgase,

– energieeffiziente Biomasseanlagen unter Ausschluss der Förderung von Monokulturen,

– die Abschaffung verbilligten Stroms für Industrie, stattdessen deren Verpflichtung zum Einsatz regenerativer Energien und Energiegewinnung,

– die sofortige Abschaffung der 10h-Regelung, die den Ausbau der Windkraft in Bayern zum Erliegen gebracht hat,

– den Verzicht auf HGÜ-Trassen (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) durch Bayern und Deutschland,

– die Sicherstellung transparenter und sozialverträglicher Produktionsbedingungen und Lieferketten beim Import der für die Energiewende benötigten Rohstoffe,

– den Grundsatz, dass Energiesparen Vorrang hat vor der Entwicklung neuer Energiequellen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Allgemeiner Klimaschutz

  • sofortiger Ausstieg aus Braun- und Steinkohle, 2038 ist viel zu spät,
  • Moratorium für den Bau und die Erweiterung von Kohlekraftwerken und Tagebaue
  • Verbot von Steinkohleimporten,
  • keine staatlichen Entschädigungszahlungen an die Kraftwerksbetreiber, entgegen der Empfehlung der Kohlekommission,
  • nahezu klimaneutraler Gebäudebestand bis 2025, d. h. Senkung des Energiebedarfs der Gebäude auf minimales Niveau und Deckung des verbleibenden Bedarfs mit erneuerbaren Energien,
  • Abschaffung der steuerlichen Begünstigung von Dieselkraftstoffen,
  • Verbot von Palmöl in Treibstoffen („Bio-Diesel“),
  • Einstellen von innerdeutschen Flügen,
  • Streichung der Subventionen für den Luftverkehr und Investition der Gelder in Bahnverkehr,
  • Eindämmung von Flächenversiegelung durch Moratorium für den Verkauf öffentlicher Flächen,
  • Renaturierung und Reaktivierung von Auen, Feuchtgebieten und Mooren,
  • keine Erteilung von Ausnahmegenehmigungen für Kraftwerke und Industrieanlagen zum Einleiten von erhitztem Kühlwasser in Flüsse,
  • Maßnahmen die CO2 binden oder negative Emissionen ermöglichen, dazu gehören:
    • ein großflächiges Aufforstungsprogramm, um die Waldbestände in Deutschland stark zu vergrößern,
    • Investitionen in Carbon Capture and Storage-(CCS)Technologien,
  • unsere Wirtschaftsweise muss sich grundlegend ändern: Die Art wie wir wirtschaften und das damit verbundene Wachstum wirken einem effektiven Klimaschutz entgegen.

Parteitagsbeschluss 2019

Statt Individualverkehr – Mobilität neu denken

Der ungebremste Automobilismus, der eines der sichtbarsten Kennzeichen dieser Gesellschaft ist, steht für die Geschichte eines gigantischen Markt- und Staatsversagens. Ein Marktakteur wie die Automobilindustrie, die über viele Jahrzehnte hinweg an einem ressourcenverzehrenden, umweltzerstörenden und gesundheitsschädigenden Produkt unglaublich gut verdient hat, versucht selbstverständlich, die Lebensdauer dieses Geschäftsmodells so lange es eben geht zu verlängern. Stattdessen wäre es schon längst Aufgabe des Staates gewesen, den gesellschaftlichen Interessen an Ressourcenschonung, Umweltschutz und öffentlicher Gesundheit Rechnung zu tragen – und das Geschäftsmodell zu beenden, dessen immensen sozialen Kosten seit langem bekannt sind.

Der automobile Individualverkehr funktioniert überhaupt erst durch systematische Kostenblindheit. Seine horrenden gesellschaftlichen Kosten werden allesamt ausgeblendet, kleingerechnet oder gelten als durch Steuer- und Gebührenzahlungen abgegolten, das ist aber mitnichten der Fall: der Ressourcen- und Energieverbrauch bei der Produktion, die CO2-Emissionen bei der Nutzung, die Gesundheitsschädigungen von Atemwegserkrankungen bis Dauerlärmbelastung, der Flächenfraß durch eine autogerechte Infrastruktur und Siedlungspolitik, die Besetzung und Zerstörung öffentlichen Raums in Stadt und Land sind eines der größten gesellschaftspolitischen Probleme.

Die Menschen sind eingebunden in die große Individualverkehrskoalition von Markt und Staat. Sie handeln in Strukturen, die auf Autofreundlichkeit gepolt sind, sie unterliegen den Zwängen der autogerechten Stadt, sie nehmen Angebote an, die man nicht ablehnen kann – von Pendlerpauschale bis zu Verschrottungsprämien, Umgehungsstraßen und der nächsten Tunnelröhre.

Die herrschende Verkehrspolitik lebt in und von dem selbstantrainierten Trugschluss, sie müsse „die Menschen mitnehmen“ – im Zweifel in eine Zukunft, in der sich dank Elektroauto strukturell nichts an den Mobilitätsverhältnissen ändert. Doch es ist genau umgekehrt: Die Menschen sind es, die die Politik mitnehmen muss: Auf den Weg in die Welt des öffentlichen statt privaten Verkehrs, der kollektiven statt der individuellen Mobilität.

mut steht für:

– den Vorrang von öffentlichen vor privaten sowie von kollektiven vor individuellen Formen von Mobilität,

– eine konsequente Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, Nutzung digitaler Technologien zur effektiveren und effizienteren Steuerung des innerstädtischen Lieferverkehrs,

– ein Tempolimit auf Autobahnen. Dies bringt laut Umweltbundesamt bis zu 30% CO2-Ersparnis,

– die Gleichberechtigung der Fahrradfahrer*innen: landesweiter Ausbau des lokalen wie regionalen Radwegenetzes,

– die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets für alle lokalen und regionalen Verkehrsverbünde,

– die Schulwegfreiheit für alle Kinder unabhängig von Entfernung und Schulform,

– eine Beendigung der Parkplatznachweispflicht bei Bauvorhaben,

– den Verzicht auf eine 3. Startbahn am Münchner Flughafen,

– andere Modelle zum Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) als etwa den zweiten S-Bahn-Tunnel in München. Stattdessen einen S-Bahn-Südring, attraktive Taktungen und Querverbindungen auch dann, wenn keine volle Auslastung erreicht werden kann,

– die Förderung von Car-Sharing-Konzepten, die auf moderne Antriebstechnologien aus erneuerbaren Energien setzen,

– die Reduktion des Pendlerverkehrs durch eine moderne Stadtplanung, die Arbeit und Wohnen zusammen denkt,

– den Ausbau des Internets im ländlichen Raum und geeignete arbeitsrechtliche Maßnahmen, um durch die Nutzung von Telearbeit bei gleichzeitiger Wahrung des Arbeitnehmer*innenschutzes den Pendelverkehr zwischen Stadt und Land zu reduzieren.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

CO2-Abgabe für mehr Klimaschutz

Kosteneffektive CO2-Preise auf Treibhausgase im Rahmen einer Energiesteuerreform = nationale Einführung einer CO2-Abgabe.

Parteitagsbeschluss 2019

Landwirtschaft – mit Natur und Tier leben

Wir wollen eine nachhaltige, ökologische Landwirtschaft, die der Erhaltung gesunder Böden und dem Tierwohl verpflichtet ist. Das ist das Ziel erfolgreicher Agrarpolitik. Wer möglichst viele Produkte zu möglichst niedrigen Preisen in möglichst viele Länder exportieren will, hat die eigentliche Bedeutung des Wortes Lebensmittel nicht verstanden. Es muss cool und attraktiv werden, ökologisch und solidarisch zu wirtschaften. Ziel muss sein: Raus aus der Intensivierungsfalle nach dem Motto Qualität statt Quantität.

mut steht für:

– ein Förderprogramm für die ökologische Landwirtschaft und Anreize für Zu- und Nebenerwerbslandwirte, die ökologisch und dem Tierwohl verpflichtet wirtschaften, zum Übergang in den Vollerwerb,

– die strenge Regulation des Einsatzes chemischer Düngemittel und Pflanzengifte,

– ein Verbot von Futtermittelimport,

– eine grundlegende Reform des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) unter besonderer Berücksichtigung einer Sicherung der Überparteilichkeit,

– eine Obergrenze für Agrarsubventionen und deren Umverteilung (momentan gehen 80% der Subventionen an 20% der Betriebe),

– eine staatliche Förderung nur nach ökologischen Kriterien bzw. nach Kriterien der Gemeinwohlökonomie,

– mehr Geld für den ersten Hektar, weniger Geld für Großbetriebe,

– eine Änderung des Ausbildungslehrplans in den Landwirtschaftsschulen und an der Uni – das ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Umkehr,

– die Intensivierung der Verbraucher*innenaufklärung: Naturschutz mit dem Einkaufskorb,

– die Reduzierung von Verpackungsmüll und ein Verbot von Mikroplastik bzw. Nanopartikeln (z. B. in Kosmetik),

– die Förderung alter Samen – keine Monokulturen,

– das Verbot von Patenten auf Leben,

– den Verzicht auf den Einstieg in die grüne Gentechnik,

– die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Dazu gehören zum Beispiel Kooperativen, die solidarische Landwirtschaft und Konzepte zur Ausweitung der Direktvermarktung,

– eine entsprechende Bildung in den Schulen, einschließlich Ernährungsschulungen für Schüler*innen aller Schulformen,

– den mittelfristigen Ausstieg aus der Subventionswirtschaft. Landwirte sollen nicht von Subventionen abhängig sein, sondern angemessene Erlöse erzielen und selbstbestimmt wirtschaften können.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Tierschutz in der Landwirtschaft

mut betrachtet Tiere nicht als Produkte der Landwirtschaft, sondern erkennt sie als zur Empfindung von Schmerz und Angst fähige Lebewesen mit Bedürfnissen und Instinkten an. Die Haltungsbedingungen müssen den Tieren angepasst werden und nicht umgekehrt. Nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern auch wegen der ökologischen Auswirkungen ist ein Umdenken in der Nutztierhaltung zwingend notwendig. Die klimaschädlichen Treibhausgase (insbesondere Methan) müssen reduziert werden, das Grundwasser weniger belastet, dem Artensterben Einhalt geboten werden.

mut steht für:

– ein Ende der industriellen Massentierhaltung,

– die Haltung von Tieren mit klaren Vorgaben für deutlich mehr Platz und Auslaufflächen, so dass deren Leid auf ein Minimum reduziert wird,

– ein Verbot quälender Praktiken wie Töten von Küken durch Vergasung oder Schreddern,

– die Subventionierung der artgerechten Aufzucht von Hähnen,

– ein Verbot von Amputationen zur Anpassung an Haltungsbedingungen (z. B. Kürzung des Ringelschwanzes bei Ferkeln.) Das Wegfallen von Nutztierhaltung auf engstem Raum macht diese Techniken ohnehin überflüssig,

– den Verzicht auf eine ganzjährige Anbindehaltung von Rindern,

– die Konkretisierung all dieser Maßnahmen im Tierschutzgesetz,

– die Förderung kleiner, regionaler Schlachtbetriebe, um Transportzeiten für Lebendvieh zu verkürzen,

– die Stallbauförderung nur noch für artgerechte Tierhaltungsformen (Stroh statt Spaltenboden, Weidegang und Freilandhaltung),

– eine einheitliche Kennzeichnungspflicht tierischer Lebensmittel hinsichtlich der Haltungsbedingungen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Tierschutz bei Heim- und exotischen Tieren

Tierheime leisten unverzichtbare Arbeit bei der Unterbringung von Fundtieren sowie bei der Beratung von Tierhalter*innen. Hier wird praktischer Tierschutz mit der Hilfe vieler ehrenamtlich engagierter Menschen umgesetzt. Wir setzen uns für eine verstärkte Förderung von Tierheimen ein. Tierheime dürfen nicht auf den Kosten sitzenbleiben, die durch die Aufnahme von Fundtieren entstehen.

mut steht für:

– den Ausbau der Förderung von Tierheimen,

– bundeseinheitliche Standards bei der Zucht und Haltung von Heimtieren,

– die Beschränkung der Haltung exotischer und/oder gefährlicher Tiere auf Privathaushalten, in denen Artenschutz, Sicherheit und sachkundiger Umgang gewährleistet sind,

– die weitestgehende Abschaffung von Tierversuchen, insbesondere Tierversuche an Primaten sind abzulehnen. Dazu gehört auch ein tierverbrauchsfreies Studium in der Medizin und den Lebensmittelwissenschaften,

– die Schaffung der Voraussetzungen, damit die Zulassung von Medikamenten auch ohne Tierversuche möglich ist,

– eine Kennzeichnungspflicht von Produkten, die an Tieren getestet wurden,

– das Verbot von Tieren im Zirkus.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Vielfalt in der Natur

Die Studie über das Insekten-Sterben hat alle aufschrecken lassen – zu Recht. Vielfalt in der Natur, Biodiversität macht unser Leben lebenswert. Wir profitieren in unterschiedlichster Weise von der biologischen Vielfalt: Sie ist für uns Lebensgrundlage, Lebensraum, Ressourcenspeicher, Innovationsgeber und Regulationsmechanismus zugleich.

Doch die biologische Vielfalt ist gefährdet. Flächenverbrauch durch Bebauung, Zerschneidung von Lebensräumen durch Straßen, Intensivierung der landwirtschaftlichen und forstlichen Nutzung, Überfischung der Meere, Veränderung von Bodenqualitäten durch Düngung, Pestizideintrag, Entwässerung tragen zu dem immer schneller fortschreitenden Verlust an biologischer Vielfalt bei. Jeden Tag sterben weltweit etwa 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Die weltweite Aussterberate ist hundert- bis tausendmal höher als der natürliche Artenschwund. In Deutschland sind von den einheimischen rund 3.000 Farn- und Blütenpflanzen bereits ca. 30 % und von den wildlebenden Tierarten 40 % bestandsgefährdet. Von den in Deutschland vorkommenden Lebensräumen sind 70 % gefährdet. Deutschland erreicht mit diesen Gefährdungsraten mit die höchsten Werte in Europa.

mut steht für:

– einen radikalen Kurswechsel in der Landwirtschaft. Mit kosmetischen Maßnahmen, die aber am System nichts ändern, werden wir den Herausforderungen nicht gerecht,

– eine Landwirtschaft ohne Glyphosat und weitestgehend ohne Insektizide, das Ziel kleinerer Felder (2 bis 3 ha) mit Feldrändern und Randstrukturen (Hecken, Trockenmauern, Randstreifen). Dadurch werden Lebens- und Rückzugsräume für viele Tierarten geschaffen. Die Lebensräume werden vernetzt und der Boden vor Erosion geschützt,

– die Wiederansiedelung großer Beutegreifer, ein Abschussverbot von zuwandernden Wölfen, die Ablehnung wolfsfreier Zonen, den Schutz des Luchses vor Wilderern,

– die gezielte Förderung seltener Tier- und Pflanzenarten in der Landwirtschaft,

– die Ausweisung großräumiger Schutzzonen, mittelfristige auch von mindestens einem weiteren Nationalpark in Bayern,

– die Vernetzung der Flächen des Schutzgebiets Natura2000,

– ein Wildtiermonitoring für Gams, Rot- und Rehwild,

– den Umbau des Staatswaldes in einen sich selbst verjüngenden, klimaresistenten Mehr-Generationen-Mischwald. Wirtschaftliche Ziele der bayerischen Staatsforste dürfen nicht mehr im Vordergrund stehen,

– die Renaturierung wilder Bachläufe und Flüsse.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Waldschutz

mut fordert:

  • das Verbot des Einsatzes von Harvestern in der Waldbewirtschaftung, da die schweren Maschinen zur Verdichtung des Bodens führen, wodurch Wasser und Luft unzureichend weitergeleitet werden können. Zudem werden die umliegenden Bäume beim Vorbeifahren beschädigt, wodurch für den Wald das Risiko von schädlichen Pilzinfektionen steigt,
  • eine Wende in der Waldbewirtschaftung hin zu ausschließlich ökologischer Waldbewirtschaftung,
  • die zügige Ausweisung eines dritten Nationalparks in Bayern,
  • Streichung der Passage „Andererseits hat der Waldbesitzer aber auch einen grundsätzlichen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Rodungserlaubnis.“ aus dem BayWEE Abschnitt 9.1,
  • die Entscheidung über die Erteilung einer Rodungserlaubnis soll ausschließlich in einem Ausschuss mit Vertreter*innen des Landratsamtes, des/der Waldbesitzer/in, der Umweltverbände und der Bürger*innen der Gemeinde, auf deren Gemarkung das betreffende Waldstück liegt, verhandelt werden,
  • bei der Erteilung der Erlaubnis von Rodungsgenehmigungen ist eine Funktionsbeeinträchtigung angrenzender Waldflächen zu berücksichtigen,
  • bei Wiederaufforstungen muss nicht nur ein flächiger, sondern auch ein qualitativer Ausgleich geleistet werden,
  • bei Wiederaufforstungen muss vom Verantwortlichen eine regelmäßige Bewässerung vorgenommen werden, um den hohen Schäden durch Trockenheit vorzubeugen und so eine erfolgreiche Anpflanzung zu gewährleisten,
  • die Aufforstungsflächen für den Ausgleich einer Rodungsfläche müssen miteinander zusammenhängen,
  • nach einer erfolgreichen Wiederaufforstung soll das Waldstück für mindestens 50 Jahre für Rodungen gesperrt sein,
  • das Verbot der Maßnahmen Fledermaushöhlen zukleben und Habitat Bäume zu versetzen.

Parteitagsbeschluss 2019

XI. Lebendige Demokratie

Bedingungslos für die Grundrechte

Unsere freiheitliche und demokratische Gesellschaft steht weltweit unter Beschuss, in Europa, aber auch in Deutschland und hier insbesondere in Bayern. Einst als selbstverständlich und unverzichtbar angesehene Rechtsnormen demokratisch verfasster Gesellschaften werden ohne Not über Bord geworfen. In vielen Ländern müssen wir einen wieder erstarkenden Nationalismus erleben. Dazu gehören Beschneidungen der Grundrechte, Einschränkung der Pressefreiheit, massive Verschärfung von Polizeigesetzen und die Missachtung der Unabhängigkeit der Justiz. mut tritt klar und unmissverständlich für die Grundrechte ein. So waren wir die ersten, die laut gegen die erste „Reform“ des Polizeiaufgabengesetzes protestiert haben.

mut steht für:

– die Rücknahme der Änderungen des BayPAG aus den Jahren 2017 und 2018: Mit den beiden Reformen des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes fällt das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten weitestgehend weg. Die Befugnisse der Polizei werden so weit ins Tatvorfeld verlagert, dass prinzipiell jede*r verdächtig ist. Natürlich gilt es, die notwendigen Änderungen in Folge der europäischen Datenschutzgrundverordnung und des BKA-Urteils des Bundesverfassungsgerichtes mit entsprechenden rechtlichen Regelungen zu berücksichtigen,

– die Trennung der Ausbildung von Staatsanwält*innen und Richter*innen: Staatsanwält*innen und Richter*innen durchlaufen in Bayern eine gemeinsame Laufbahn. Jede*r bayerische Richter*in saß auch einmal als Staatsanwältin oder Staatsanwalt auf der Bank des Anklägers. So entstehen in Bayern Netzwerke zwischen eigentlich unabhängigen Richter*innen und weisungsgebundenen Staatsanwält*innen. Diese Verflechtung, die es nur in Bayern gibt, führt zu einer häufig unkritischen Haltung von Richter*innen gegenüber Staatsanwält*innen. Bayern muss deshalb, wie andere Bundesländer, eine getrennte Ausbildung dieser beiden wichtigen Arme einer unabhängigen Justiz einführen,

– eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamt*innen: Beamt*innen tragen im Kund*innenverkehr oft Namensschilder. Dies sollte auch für Polizeibeamt*innen gelten, bei Großeinsätzen wie Demonstrationen oder Fußballspielen reicht eine wechselnde Nummer. Das gebietet auch die europäische Rechtsprechung nach dem Urteil zu einem Münchner Fall,

– die Schaffung einer unabhängigen Behörde für Fälle von Polizeiübergriffen und Korruption in der Polizei: Landes- und Bundespolizei sind die wichtigsten Säulen unserer Sicherheitsarchitektur. Mit 42.000 Angestellten ist die bayerische Landespolizei nicht nur die größte im deutschlandweiten Vergleich, sie ist auch eine der größten Behörden des Landes. Die Aufklärung von Straftaten innerhalb der Polizei stößt immer wieder an ihre Grenzen. Deshalb ist eine unabhängige Behörde unerlässlich,

– die Abschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz: Wir wollen keine neuen Kompetenzen für den bayerischen Verfassungsschutz und fordern eine bessere parlamentarische Kontrolle. Nicht nur in Bayern, aber gerade auch dort haben sich die Landesämter für Verfassungsschutz nachhaltig diskreditiert – durch Missachtung von Kontrollorganen, politische Willfährigkeit oder gezielte Desinformation. Abhilfe kann hier nur eine umfassende und wirkungsvolle Neuorganisation des Inlandgeheimdienstes bringen. Die Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus ist zudem keine regionale Aufgabe, sondern eine nationale und europäische. Auch wenn Geheimdienste auftragsgemäß im Verborgenen arbeiten, so kann dies nicht bedeuten, dass sie abseits demokratischer Maßgabe und Kontrolle operieren. Wir fordern deshalb die Gründung eines neuen Inlandsgeheimdienstes. Verfassungswidrige Befugnisse, wie sie durch die Novelle des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes dem bayerischen Landesamt eingeräumt wurden, sind zurückzunehmen,

– das Ende einer Rechts- und Sicherheitspolitik, die auf dem rechten Auge blind ist: Rechtsextremistische und neonazistische Organisationen und Strukturen sind konsequent strafrechtlich zu verfolgen, Demokratiebildung in schulischem und berufsbildendem Unterricht ist systematisch zu erweitern, die Regularien und Praktiken der Überprüfung der „Verfassungstreue“ bei Einstellungen im öffentlichen Dienst auf ihre Angemessenheit und Zielsicherheit hin zu prüfen,

– die Entkriminalisierung bzw. regulierte Abgabe von Cannabis – auf jeden Fall Straffreiheit von 10 g. Dies entlastet die zuständigen Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichte,

– die Einrichtung geschützter Drogenkonsumräume mit medizinischem Fachpersonal, in denen kontrolliert konsumiert werden kann.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

(Mehr) Demokratie wagen: Eine Frage der Instrumente

In den vergangenen Jahren erlebten wir in Deutschland einen massiven Rechtsruck. Dieser steht symptomatisch für Defizite innerhalb des politischen Systems: Die Bürger*innen erleben ein Gefühl der Entfremdung vom politischen Prozess und mangelnde Repräsentation durch die Parteien. Die Basis einer jeden Demokratie, die Legitimität der politischen Entscheidungen, gerät dadurch ins Wanken. Politik scheint mehr und mehr den Charakter einer technischen Dienstleistung anzunehmen, bei der die Wähler*innen lediglich mit Ergebnissen konfrontiert werden und am Wahltag darüber befinden sollen, ob diese zufriedenstellend waren oder nicht.

Demokratie sollte aber mehr sein als das. Die Wahl ist nicht der Anfang und zugleich das Ende der politischen Beteiligung. Eine Demokratie lebt von Partizipation und Meinungsstreit. Um eine lebendige Demokratie zu schaffen, müssen die Bürger*innen stärker am politischen Prozess beteiligt werden. Jeder Mensch, unabhängig von Herkunft, Religion und Geschlecht, hat das gleiche Recht, seine Meinung in den politischen Prozess miteinzubringen.

mut steht für:

– ein Bürger*innen-Parlament: Die Repräsentation der Bürger*innen soll durch die Wiederbelebung des urdemokratischen Losverfahrens gestärkt werden. Dies soll im Rahmen eines Bürger*innen-Parlaments zum Einsatz kommen. Ergänzend zum bestehenden Parlament sollen Bürger*innen repräsentativ in ein Bürger*innen-Parlament hineingelost werden. Die Aufteilung der Sitze des Bürger*innen-Parlaments geschieht mit Hilfe eines Schlüssels z. B. nach Alter, Geschlecht und Einkommen. So wird ein möglichst genaues Abbild der Gesellschaft gewährleistet. Damit möglichst viele Bürger*innen und damit auch unterschiedlichste Meinungen im Parlament berücksichtigt werden, ist die Mandatszeit beschränkt und die Sitze werden regelmäßig neu ausgelost. Es soll eine zweite Kammer in Bayern darstellen,

– Transparenz: Der politische Prozess muss transparenter werden. Informationen (soweit sie nicht die Privatsphäre oder Sicherheit von Menschen betreffen) dürfen nicht politisch unter Verschluss gehalten werden. Deshalb fordert mut die Einführung eines Transparenzgesetzes, durch welches alle Bürger*innen auf Anfrage und auf allen politischen Ebenen die gewünschten Informationen erhalten. Derzeit haben nur 38 % der Einwohner*innen Bayerns ein verbrieftes Recht auf Akteneinsicht dank kommunaler Informationsfreiheitssatzungen. Der Bund und elf Bundesländer haben sich bereits entsprechende Gesetze zur Informationsfreiheit gegeben und damit ein Mindestmaß an Transparenz geschaffen. Allerdings müssen die Menschen hier als Bittsteller gegenüber den Behörden auftreten und oft auch Kosten für die Erteilung einer Information tragen. Wir fordern deshalb Transparenzgesetze, die die Behörden und Ministerien verpflichten, Informationen proaktiv und kostenfrei zugängig zu machen. Dazu gehört insbesondere eine Veröffentlichung von Entscheidungen und Protokollen kommunaler Parlamente auf den entsprechenden Webseiten. Die Praxis in anderen Ländern und Bundesländern hat gezeigt, dass das Recht auf Auskunft weder von den Bürger*innen missbraucht wird noch zu einer Überlastung der Behörden führt,

– den Abbau der Hürden für Volksentscheide: Die Frist zum Sammeln der Unterschriften ist mit 14 Tagen die kürzeste im Vergleich aller Bundesländer. Hier setzen wir uns für eine Frist von mindestens drei Monaten ein,

– die Einführung eines bundesweiten Volksentscheids,

– die Absenkung der 5-Prozent-Hürde bei der bayerischen Landtagswahl auf 3 %.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Sich an die eigene Nase fassen: Parteiendemokratie

Demokratie für eine und in einer Partei hat immer zwei Aspekte: den nach außen und den innerparteilichen. Um demokratisch und lebendig als Partei zu agieren, sind natürlich „breite“ Diskussionsprozesse notwendig, aber gleichzeitig sollte es auch hier klare Rahmenbedingungen geben.

mut beschließt für sich als Partei:

– Vorstände geschlechtergerecht zu quotieren,

– soweit dies möglich ist, nicht nur Frauen bei der Besetzung von Parteipositionen zu berücksichtigen, sondern auch andere Formen von Vielfalt zu fördern,

– eine Beschränkung der Mandatszeiten auf allen Ebenen auf drei Wahlperioden.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Menschen mit „Migrationshintergrund“: Mit dabei

Migrant*innen sind sehr häufig vielfach benachteiligt – in Bayern nicht anders als in ganz Deutschland. Ob nun beim Zugang zum Gymnasium oder im Schulalltag selbst, im beruflichen Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt oder auf Ämtern oder Behörden: Stets spielt die vermeintliche oder tatsächliche Herkunft von Migrant*innen eine gewichtige Rolle bei der Verteilung von Lebens- und Teilhabechancen.

mut wendet sich gegen die Tendenz, die aus Anerkennungsgründen und Förderungsabsicht geschaffene sozialstatistische Kategorie der Menschen mit „Migrationshintergrund“ in einen Diskriminierungstatbestand zu verwandeln: Wo immer dies geschieht, sind politische Maßnahmen aktiver Gleichstellung und positiver Diskriminierung zu ergreifen.

Vor allen Dingen ist aber auch allen Menschen nicht-deutscher Herkunft das grundsätzlich gleiche Recht der selbstbestimmten Beteiligung am demokratischen Geschehen und an der politischen Willensbildung zu gewährleisten. Wie auch Menschen aus ökonomisch benachteiligten Haushalten wird Migrant*innen der ersten, zweiten und dritten Generation allzu häufig das Gefühl mangelnder politischer Kompetenz vermittelt – so als hätten sie schon von sich aus „nichts zu sagen“, was von politischem Interesse sein könnte. Doch genau das Gegenteil ist der Fall: Demokratie lebt von der Beteiligung aller.

mut steht für:

– das aktive und passive kommunale Wahlrecht für alle Zugewanderten nach 5-jährigem, in Bund und Ländern nach 8-jährigem Aufenthalt auf deutschem Territorium,

– eine verstärkte Orientierung schulischer und außerschulischer Bildung auf soziale Integrationsziele – von denen die Integration Zugewanderter nur eines unter vielen ist,

– eine Stärkung der Rechte von Ausländerbeiräten, deren Umbenennung in Beteiligungsräte und langfristig deren Auflösung in einem System von Sozialbeiräten der Kommunalverwaltung,

– ein liberales Einbürgerungsrecht einschließlich großzügiger Regelung der doppelten Staatsbürgerschaft.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Digitalisierung als Demokratisierung

Die digitalen Technologien durchdringen das gesamte Gesellschaftsleben und verändern es in einem Maße, das an die „Industrielle Revolution“ des 19. Jahrhunderts erinnert. Im 21. Jahrhundert werden durch Digitalisierung nicht nur Arbeit und Produktion, Handel und Konsum radikal verändert. Überhaupt wandeln sich sämtliche Formen der individuellen Beteiligung und Teilhabe am gesellschaftlichen Geschehen. Dabei birgt die digitale Revolution neuartige Chancen sozialer Partizipation, von der Ermöglichung von Mobilität und dem Zugang zu Wissen für bislang von beidem Ausgeschlossene bis hin zu neuartigen Formen der Vernetzung und Interaktion von Menschen, die ansonsten nicht miteinander in Verbindung kämen. Zugleich aber eröffnen digitale Technologien auch bislang ungeahnte Möglichkeiten der staatlichen Überwachung, ökonomischen Ausbeutung und sozialen Kontrolle – Potenziale, die bekanntlich viel häufiger genutzt werden als die genannten Partizipationschancen. Wir setzen uns konsequent dafür ein, Digitalisierung nicht im Interesse von Konzernen und Kontrollorganen, sondern im Sinne besserer Lebensverhältnisse und einer lebendigen Demokratie einzusetzen und zu gestalten.

mut steht für:

– den beschleunigten Ausbau der digitalen Infrastruktur im gesamten Freistaat,

– den beschleunigten Ausbau der digitalen Infrastruktur mit öffentlichem Zugang überall in Bayern,

– die konsequente Stärkung und Förderung digitaler Bildung bzw. von Bildung zur Digitalisierung in Schulen, Berufsschulen und Erwachsenenbildung,

– die Einführung von Digitalisierungsräten in Betrieben ab zehn Beschäftigten, über die Arbeitnehmer*innen den Wandel ihrer Arbeitsbedingungen systematisch mitzugestalten vermögen,

– digitale Mitbestimmung auch in Schulen und Verwaltungen, Alten- und Pflegeheimen,

– eine Umkehrung des Wertschöpfungsmodells: Nicht die Unternehmen haben von vornherein die Rechte an den Nutzerdaten und machen damit Gewinne – sondern die Nutzenden haben alle Rechte an ihren Daten und erlauben den Unternehmen gegen Beteiligung am Gewinn die Nutzung ihrer Daten.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

XII. Pflege, Gesundheit, Betreuung

Pflege und Gesundheit gehören zur Daseinsvorsorge und dürfen nicht weiter dem Prinzip der Gewinnerzielung unterworfen sein. Sie dürfen nicht als lukrative Investitionsobjekte betrieben werden, da Gesundheit ein Menschenrecht ist. Dies bedeutet für uns, dass die Menschen in Bayern ein Recht auf eine gute Versorgung haben: in Krankenhäusern, in der Psychiatrie, in Pflegeheimen und in der ambulanten Betreuung.

Mit der Einführung der Fallpauschalen in den Kliniken und der Pflege, zumal in der Altenpflege, wurde auf Ausgabenreduktion gesetzt. Stationäre Pflegeeinrichtungen, ambulante Pflegedienste und Krankenhäuser wurden gezwungen, nicht nur kostendeckend zu wirtschaften, sondern Gewinne zu erzielen, um am Markt bestehen zu können. Pflege und Gesundheit wurden zu einem lukrativen Markt für Investoren – mittlerweile zeigen sich deutlich die Folgen für Patient*innen, Pflegekräfte, Hebammen und Therapeut*innen.

Für die Qualität der Versorgung der Menschen sind drei Elemente besonders wichtig: Die bauliche und technische Ausstattung sowie insbesondere die Anzahl der Mitarbeiter*innen und nicht zuletzt deren qualifizierte Aus-, Fort- und Weiterbildung. Gerade Personalmangel schadet den Patient*innen und verletzt diese in ihrer Würde. Personalmangel gefährdet die Gesundheit – Patient*innen z. B. in Krankenhäusern mit besserer Personalbesetzung haben signifikant bessere Ergebnisse als bei schlechter Besetzung. Der Personalmangel hinterlässt auch bei den Pflegenden Spuren. Der Krankenstand und die Rate spezifischer Erkrankungen sind in dieser Berufsgruppe überdurchschnittlich hoch. Gerade im Bereich der Krankenhäuser wurde in Bayern bisher nichts unternommen, um die Situation zu verbessern. Es ist den Ländern ausdrücklich freigestellt, ergänzende Qualitätsanforderungen im Rahmen der Landeskrankenhausplanung zu entwickeln.

Der überwiegende Teil der Bevölkerung wünscht sich, solange wie möglich in der häuslichen Umgebung versorgt zu werden. Um die Versorgung zu gewährleisten und ggf. pflegende Angehörige finanziell und gesundheitlich zu entlasten, müssen hier weitere Angebote gemacht werden. Die Schaffung eines Landespflegeamts hilft dabei nicht.

mut steht für:

– die Einführung einer Pflegekammer für Bayern, damit die Pflegekräfte ihre Interessen wirksam vertreten können,

– die Förderung der Weiterqualifizierung, um damit Pflegekräfte auch finanziell besser zu stellen,

– die Pflicht für die Arbeitgeber*innen, Fortbildungen für Voll- und Teilzeitkräfte zu ermöglichen,

– eine bessere Bezahlung von Pflegekräften, Therapeut*innen und Hebammen/Entbindungspflegern – Bayern kann hier als Land bei den eigenen Häusern mit gutem Beispiel vorangehen,

– die Schaffung attraktiver Arbeitsbedingungen für die Pflege und Berufe im Gesundheitswesen, wie z. B. Physiotherapeut*innen, Ergotherapeut*innen, Hebammen/Entbindungspfleger, um den Pflegenotstand sowie den sich verschärfenden Zuständen im Gesundheitswesen entgegenzuwirken,

– Auszubildende der Pflege dürfen nicht im Personalschlüssel eingerechnet werden, um eine Ausnutzung der Auszubildenden zu verhindern,

– eine Vergütung der Studierenden der Pflege,

– die Einbeziehung von Qualitätsanforderungen in die Krankenhausplanung,

– eine deutliche Verbesserung der Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Bayern sowie der Finanzierung der Krankenhäuser. Besondere Unterstützung benötigen auch die kleinen Häuser, die die wohnortnahe Versorgung der Menschen garantieren. Der tatsächliche Investitionsbedarf für die Krankenhäuser muss erstattet werden, indem er durch den Freistaat übernommen wird,

– die Personaluntergrenze für die Pflege muss für alle Bereiche der Pflege festgelegt werden. Außerdem muss verhindert werden, dass eine Untergrenze zur Obergrenze wird. Daher muss eine Regelung für eine bedarfsangepasste Besetzung festgelegt werden,

– Transparenz bezüglich der Einhaltung von Qualitätsanforderungen und Personalvorgaben,

– die Berücksichtigung der je spezifischen Situation von Pflegenden und hierbei des besonderen Personalbedarfs z. B. bei psychisch Kranken, Kindern und Alten,

– die genaue Überprüfung von Kosten, die im Pflegesektor z. B. durch Medikamente entstehen,

– die Wiederabschaffung des Landespflegeamts und die Verwendung der Einsparungen für Investitionen bei den Hilfs- und Heilmitteln und der Entlastung von pflegenden Angehörigen. Pflegebedürftigkeit darf kein Risiko für Altersarmut der Nachfolgegeneration werden.

Parteitagsbeschluss 2019, Landtagswahlprogramm 2018 überarbeitet

Hebammen

Über die Not von Hebammen wird schon viel zu lange debattiert. Jetzt ist es Zeit zu handeln, geht es doch um den Beruf, der fast ausschließlich ein reiner Frauen-Beruf ist – und darum, dass es Frauen und Kindern gut gehen soll. Es ist ein Armutszeugnis, wie viele Geburtsstationen im ländlichen Bereich aufgrund der fehlenden Rentabilität geschlossen wurden. Die Geburtskliniken in den Ballungszentren sind mittlerweile nicht mehr in der Lage, den Ansturm aufzufangen. Freie Hebammen geben ihren Beruf auf, weil sie sich die Kosten der Berufshaftpflicht nicht mehr leisten können und Beleghebammen werden aus Kostengründen von den Kliniken nicht eingestellt.

mut steht für:

– ein Vergütungssystem, bei dem sich für Kliniken eine natürliche Geburt wieder lohnt,

– das flächendeckende Vorhalten von Geburtskliniken und mit ausreichend qualifiziertem Personal und wenn notwendig staatlicher Förderung,

– die dringende Neuregelung der Vergütung von Hebammen, um den Beruf wieder attraktiv zu machen,

– die Einrichtung eines Haftungsfonds für Hebammen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

Psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung

Bayern ist völlig unterversorgt, sowohl was die ambulante als auch die stationäre Behandlung von psychischen Erkrankungen betrifft. Seit Jahren zeigt sich mit dem Psychiatrie-Unterbringungsgesetz, dass das Gesetz und die gesamte Haltung der Staatsregierung davon geprägt sind, die Psychiatrie als Gefahrenabwehr, nicht als Hilfe zu begreifen. Entsprechend repressiv wurde das Gesetz gestaltet. Auf Grund von zahlreichen Protesten gab es zwar Verbesserungen an dem Gesetz, doch diese reichen nicht aus.

mut steht für:

– eine Förderung der ambulanten und stationären Angebote. Es kann nicht sein, dass die Kliniken regelmäßig überfüllt sind und Patient*innen auf dem Flur liegen müssen,

– die Idee der Hilfe für und ausdrücklich nicht der Überwachung von Menschen mit psychischer Erkrankung. Ein Gesetz zur psychiatrischen Unterbringung darf nichts mit der Idee von Straftäter*innen zu tun haben.

Parteitagsbeschluss 2019, Landtagswahlprogramm 2018 überarbeitet

Medizinische Versorgung

Die Engpässe in der fachärztlichen Versorgung dürfen nicht hingenommen werden. Die Versorgung der Patient*innen muss garantiert sein, ebenso die hausärztliche Versorgung in ländlichen Gebieten.

Medizinstudent*innen im Praktischen Jahr muss der Zugang zur Ausbildung garantiert sein. Sie dürfen nicht dazu dienen einen Personalmangel auszugleichen.

Parteitagsbeschluss 2019

XIII. Solidarität

Demokratie braucht Solidarität. Und Solidarität ist mehr als öffentliche oder private Hilfe für die Bedürftigsten. Solidarität ist nicht Barmherzigkeit, ist etwas anderes als Wohltätigkeit, geht nicht auf im notdürftigen sozialpolitischen Ausgleich der marktbedingten Ungleichheiten. Solidarität ist eine gesellschaftsverändernde Kraft. Sie ist eine kollektive Haltung. Und sie ist eine politische Praxis. Um an den bestehenden Verhältnissen grundlegend etwas zu ändern, bedarf es einer Renaissance der Solidarität in diesem Sinn.

Wer die immensen sozialen Ungleichheiten in unserer Gesellschaft und in der Welt für skandalös hält, muss solidarisch gegen sie angehen. Wem die systematische Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen unerträglich ist, muss solidarisch für ein anderes gesellschaftliches Naturverhältnis kämpfen. Und wem die alltägliche Missachtung der Menschenwürde und grundlegender Menschenrechte – vor unseren Augen, direkt vor unserer Haustüre – zuwider ist, muss sich für ein solidarisches Miteinander einsetzen.

Wem die Demokratie am Herzen liegt, das gleiche Recht aller Menschen auf die politische Mitgestaltung ihrer eigenen Lebensverhältnisse und Lebenschancen, muss Mut zur Solidarität haben. Für diesen Mut stehen wir: Andere schüren Angst? mut macht Mut. Andere blenden aus? mut schaut hin. Andere machen ihr Ding? mut setzt auf Zusammenarbeit. Denn Mut zur Veränderung geht nur gemeinsam.

So abgeschmackt es im Zeitalter der marktkonformen Gleichgültigkeit auch klingen mag: Eine andere Welt ist möglich. Aber eben nur in vielen, alltäglichen Akten der Solidarität.

Aus dem Leitantrag zum Parteitag 2019

XIV. Soziale Gerechtigkeit

Menschen von Klein bis Groß als Berechtigte

Die Fluchtwanderung der vergangenen Jahre bringt die soziale Frage wieder auf den Tisch. Die vermeintlichen „Belastungsgrenzen“, die in Deutschland und Bayern erreicht oder gar überschritten sein sollen, können als solche nur vor dem Hintergrund einer politischen Agenda erscheinen, die den Rückzug des Staates aus der sozialen Frage zum Programm erkoren hat. Mit der Fluchtmigration sind die Effekte von nunmehr zwei Jahrzehnten des Abbaus von sozialen Sicherheiten, der Schwächung der öffentlichen Daseinsvorsorge und der wachsenden sozialen Ungleichheit in diesem Land offenkundig geworden. Statistischer Ausdruck dieser Entwicklung ist die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung: Während die Reichsten hierzulande tatsächlich immer reicher werden, nehmen die Armutsrisiken beständig zu.

Mittlerweile hat es sich eingebürgert, die Folgen dieser zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung auf dem Rücken der Geflüchteten auszutragen und ihre materiellen Bedürfnisse gegen die anderer – einheimischer – Benachteiligter auszuspielen. Demgegenüber gilt es klarzumachen und dafür einzustehen, dass der Einsatz für die Gleichberechtigung von Geflüchteten nichts anderes ist als Teil eines viel weiter ausgreifenden, grundsätzlicheren sozialpolitischen Ziels: Die Ermöglichung sozialer Teilhabe für alle hier lebenden Menschen, und zwar von Anfang an.

Gegen eine Politik der Ausgrenzung setzen wir auf ein solidarisches Miteinander. Das solidarische Miteinander aller Bürger*innen wird durch eine konsequente Politik ihrer sozialen Berechtigung gefördert – und es schafft umgekehrt gesellschaftliche Unterstützung für eine solche Politik. Soziale Ausgrenzung zeigt sich in Massenunterkünften für Geflüchtete ebenso wie in segregierten Stadtteilen, im Arbeitsverbot für die Neuankommenden ebenso wie in prekären Arbeitsverhältnissen der mehr oder weniger Alteingesessenen.

All diese sozialen Missstände verweisen auf ein und dieselbe Notwendigkeit: Auf eine Politik der Solidarität, die soziale Teilhabe als unumstößliches Bürgerrecht versteht. Dazu gehört nicht nur das fraglose Recht auf ein materielles Existenzminimum, sondern ebenso jenes auf freien und gleichen Zugang zu einer öffentlich garantierten, hochwertigen Infrastruktur von Einrichtungen und Dienstleistungen der sozialen Unterstützung und Betreuung, Beratung und Begleitung.

Bürger*in aber ist man von Anfang an: Mit der Geburt in diesem Land – und mit dem Überschreiten seiner Landesgrenzen. Eine solidarische Politik sozialer Berechtigung kennt keine „nützlichen“ und „unnützen“ Menschen, seien es nun Kinder oder Alte, Gesunde oder Kranke, Menschen mit oder ohne Behinderung, mit deutschem oder einem anderen Pass. Dies ist erkennbar das radikale Gegenprogramm zur herrschenden politischen Agenda sozialer Ausgrenzung.

mut steht für:

– die Verabschiedung einer Bayerischen Charta der sozialen Grundrechte als normative Leitlinie der Landesgesetzgebung und zur Umsetzung von Art. 3 Bayrische Verfassung – Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat,

– die Einführung einer Kindergrundsicherung als Vorstufe eines allgemeinen Systems garantierter Mindestsicherungen,

– massive Investitionen in eine öffentlich verantwortete Infrastruktur der sozialen Daseinsvorsorge,

– die Einführung einer Bürgerversicherung,

– eine solidarische Umgestaltung der Alterssicherung: Garantie existenzsichernder Mindestleistungen, Ausweitung des Versichertenkreises auf alle Bürger (nach Vorbild z. B. Österreichs oder der Schweiz),

– die flächendeckende Einrichtung von Sozialzentren als Orte der Beratung und Selbstorganisation,

– die Einrichtung eines Sozialbeirats der Bayerischen Staatsregierung unter Beteiligung von Wissenschaft, Wohlfahrtsverbänden, Sozialeinrichtungen und Selbsthilfegruppen.

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018

XV. Wohnen

Wohnen – ein Grundrecht

Wohnen ist ein Grundrecht. Wohnverhältnisse beeinflussen Lebensverhältnisse, sie bestimmen wesentlich mit über die Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe und über die Lebenschancen insbesondere auch von Kindern und Jugendlichen. Wohnverhältnisse sind in dieser Gesellschaft zugleich aber auch Ausdruck von Einkommens- und Vermögensverhältnissen: Wer hat, dem ist gutes Wohnen gegeben – zu Lasten derer, die beengt wohnen müssen, aus finanziellen Gründen nicht umziehen können und weite Wege zur Arbeit in Kauf zu nehmen haben. Teuer oder schlecht zu wohnen wirkt sich negativ auf alle anderen Lebensbereiche aus.

Bezahlbares Wohnen in Wohnungen angemessener Größe und Qualität ist daher ein Bürger*innenrecht – und ein Kernbestandteil eines guten Lebens. Die Realität aber sieht in Bayern ganz anders aus: Nicht nur in München kann sich die übergroße Mehrheit der Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen diese Stadt nicht mehr leisten. Auch in anderen bayerischen Städten steigen die Mieten, werden Mieter*innen verdrängt und ganze Viertel hochpreisig umstrukturiert. In Deutschland gelten mehr als 400.000 Menschen als wohnungslos, mit Kindern und Geflüchteten sind es mehr als 850.000, die Dunkelziffer ist groß. Zugleich veröden außerhalb der Ballungsräume ganze Landstriche, weil dort Arbeit und Infrastruktur für zukunftsfähiges Wohnen und Leben fehlen, Läden schließen und Altbewährtes wegbricht.

Die aktuelle Wohnungsfrage ist nicht durch einen vermeintlichen Mangel an Wohnraum aufgrund von Bevölkerungswachstum oder Wanderungsbilanzen zu erklären. Sie ist vor allem das Ergebnis einer politisch geförderten und zuletzt durch die Finanzkrise nochmals radikalisierten Dominanz von Profit- und Renditeinteressen im Immobiliensektor und bei der Bodenbewirtschaftung. Dies ist nicht nur wegen der massiven und immer weiter zunehmenden Wohnungleichheit nicht länger hinzunehmen. Es ist auch unsinnig in ökonomischer und unverantwortlich in ökologischer Hinsicht. Wohnungsbaupolitik ist Daseinsvorsorge, gutes Wohnen das Fundament einer solidarischen Gesellschaft.

mut steht für:

– eine Reform des Bodenrechts: Grund und Boden sind in den Besitz der Allgemeinheit zu stellen und Nutzungsrechte nach sozialen und ökologischen Kriterien zu vergeben, keine Versteigerung an Meistbietende,

– die Bevorzugung von gemeinwohlorientierten Nutzungsformen und Instrumenten wie dem Erbbaurecht. Öffentlicher Grund darf nicht mehr privatisiert werden, da Grund und Boden nicht vermehrbar und deshalb keine marktfähigen Güter sind. Spekulationsgewinne sind über entsprechende steuerrechtliche Regelungen abzuschöpfen,

– eine zukunftstaugliche Überarbeitung der baurechtlichen Regelungen für Wohnquartiere (z. B. Grenzbebauung, geschlossene statt offener Bauweisen, keine Stellplatzvorschriften, um autofreies Wohnen zu ermöglichen, zulässige Geschossflächenzahl umgebungsadäquat erhöhen),

– die Verpflichtung zu öffentlichen Registern von Baulücken, Nachverdichtungsoptionen und Leerstand,

– die Verpflichtung von privaten Investoren und Wohnungsbauunternehmen, Teile ihrer Gewinne vor Steuern an Mieter in Form von Mietermäßigungen auszuschütten: Eigentum verpflichtet,

– die Entwicklung von Ideen im organisierten Austausch von Bewohner*innen, Eigentümer*innen und kommunalen Planer*innen zur Erstellung von nachhaltigen gemeinwohlorientierten Quartiersentwicklungen: Milieuschutz vor Luxussanierung,

– die verstärkte Nutzung des Erbbaurechts – Gemeinden und Kirchen bringen Grundstücke für Erbpachtgestaltung ein,

– die Förderung von Genossenschaften und Mieter*inneninitiativen,

– ein Vorkaufsrecht der Kommunen oder von Mieter*innenzusammenschlüssen zu adäquaten Preisen nach Wegfall der Sozialbindung von Wohnungen,

– die Einführung von Fehlbelegungsabgaben, keine kurzfristige und gewerbeähnliche Vermietung von Wohnraum (wie z. B. über AirBnB),

– die Bereitstellung qualifizierter Mietspiegel, die nicht als Mieterhöhungs- sondern als Mietregulierungsinstrumente wirken,

– die Beschränkung von Mieterhöhungen bei Modernisierung auf die tatsächliche Kostenersparnis für Mieter*innen bei Nachweispflicht durch Vermieter*innen. Dies gilt bei energetischen Maßnahmen. Bei anderen Modernisierungsmaßnahmen besteht Vertragsfreiheit zwischen Vermieter*in und Mieter*in.

– die Einführung von Beratungsstellen für Mieter*innen bei Veränderung des Bedarfs (z. B. bei Familienzuwachs, nach Auszug der Kinder, nach Trennung oder bei Verlust des Partners).

Aus dem Landtagswahlprogramm 2018