Protest gegen die jüngsten Beschlüsse der Bayerischen Staatsregierung zur Asyl- und Migrationspolitik

Schreiben von unserem mut-Mitglied Werner Schmid an den Leiter der bayerischen Staatskanzlei und den Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien Dr. Florian Herrmann, MdL vom 23. Januar 2024.

Sehr geehrter Herr Dr. Herrmann,

als politisch aufmerksamer Staatsbürger protestiere ich mit diesem Schreiben mit allem Nachdruck gegen die jüngsten Beschlüsse der Bayerischen Staatsregierung zur Asyl- und Migrationspolitik. Ich behalte mir vor, dieses Schreiben auch an andere Personen und Organisationen weiterzuleiten.

Es geht mir um folgende Punkte:

  1. Vor der Landtagswahl 2023 hat Ministerpräsident Markus Söder auf Nachfrage mehrfach betont dass eine Abschaffung des individuellen Asylrechts nicht beabsichtigt ist. Nach der Wahl wird dies nun ausdrücklich in einem Kabinettsbeschluss gefordert. Es handelt sich m.E. um einen Fall von Wählertäuschung.
  2. Das Grundgesetz stellt zu Recht Werte wie Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit und individuelle Grundrechte an die Spitze seiner Werteordnung. Ich bin deshalb fassungslos, wie leichtfertig das Kabinett das Grundrecht auf Asyl zur Disposition stellt. Vor dem Hintergrund eines erstarkenden Rechtsextremismus wird – zu Recht – vor Feinden der Verfassung und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gewarnt. Wie ist es also in diesem Kontext zu bewerten, wenn eine Landesregierung Hand anlegt an historische Errungenschaften unserer Verfassung und ein individuelles Grundrecht abschaffen will?
    Welche Botschaft sendet die Staatsregierung damit an bayrische Schüler*innen, denen sie im Koalitionsvertrag eine sogenannte Verfassungs-Viertelstunde verordnet hat, um das Bewusstsein für das Grundgesetz zu schärfen?
  3. Die Einführung von Kontingenten für Geflüchtete würde der Willkür Tür und Tor öffnen. Statt eines verbürgten Anspruchs auf Asyl bzw. Bleiberechts auf anderer Rechtsgrundlage wäre die Aufnahme Geflüchteter nach Kontingenten von der politischen Beurteilung der Schutzbedürftigkeit durch die jeweilige Regierung abhängig. Das haben die Väter und Mütter des Grundgesetzes aus der historischen Erfahrung heraus nicht gewollt.
  4. Die gezielte Stimmungsmache gegen Ausländer*innen im Allgemeinen und Asylbewerber*innen im Speziellen gehört zum Repertoire rechtsextremer Parteien und Bewegungen. Ich stelle aber fest, dass bestimmte negativ besetzte Begriffe wie illegale Migration, Migration ohne Bleiberecht, hartes Durchgreifen oder Abschiebungen im grossen Stil bereits zum Standardvokabular vieler demokratischer Politiker*innen gehören. Diese Schlagworte werden nicht mehr hinterfragt und schaffen ein negatives Klima in großen Teilen der Bevölkerung. Das Schicksal vieler Geflüchteter wegen staatlicher Repression, Bürgerkrieg oder Vertreibung im jeweiligen Herkunftsland wie z.B. in Syrien und Afghanistan gerät damit aus dem Blick.
  5. Natürlich stehen Deutschland und Bayern angesichts hoher Flüchtlingszahlen vor grossen Herausforderungen. Auf der unteren Ebene der Kommunen gibt es zweifellos Engpässe bei der Unterbringung und Integration von Geflüchteten. Unerwähnt bleibt meistens, dass viele Probleme hausgemacht sind, zu erwähnen sind hier Arbeitsverbote für Asylbewerber*innen, lange Verwaltungsverfahren und viel Bürokratie, personelle Engpässe bei Ausländerbehörden, unterschiedliche Verteilung in den Bundesländern und hohe Auflagen bei der Unterbringung. Hier muss seitens Bund und Freistaat viel mehr getan werden, Kommunen logistisch zu unterstützen und zu entlasten.
  6. Statt die Abschaffung des Asylgrundrechts zu fordern, sollte sich die Staatsregierung mit allen Mitteln für eine gerechte Verteilung der Geflüchteten in Europa einsetzen. Der EU Asylkompromiss ist jedenfalls in diesem Punkt zu begrüssen, steht bisher aber nur auf dem Papier. Es wäre eine äusserst schlechte Voraussetzung für die Europawahl, wenn ein solcher Mechanismus, der Deutschland und Bayern entscheidend entlasten würde, scheitert.
  7. Die Verantwortung von Deutschland und der anderen EU-Mitgliedsstaaten nach Grundgesetz und Völkerrecht zu handeln, darf nicht ohne Anlegung strenger Maßstäbe auf sog. Sichere Drittstaaten abgewälzt werden. Die Staatsregierung handelt m.E. verantwortungslos, wenn sie sich z.B. für Tunesien als sicheren Drittstaat ausspricht, wo im letzten Jahr nachweislich Flüchtlinge ohne Wasser und Nahrung in der Wüste ausgesetzt wurden.
  8. Kurz vor dem 75jährigen Bestehen des Grundgesetzes appelliere ich an Sie und die gesamte Staatsregierung, mit einer kraftvollen, vorwärts gerichteten, europäisch orientierten Asyl- und Migrationspolitik die Werte des Grundgesetzes zu stärken und ihre Beschlüsse zur Migrations- und Asylpolitik zu ändern. Andernfalls besteht die Gefahr, dass rechtspopulistische und national-reaktionäre Kräfte bei uns und in ganz Europa immer mehr die Oberhand gewinnen.

Mit freundlichen Grüßen
Werner Schmid

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