Ein Kommentar zur aktuell erschienenen Oxfam Studie „Gewaltige Ungleichheit“ und zur Wahl der Bundespräsident*in von Jörg Linke und Arno Pfaffenberger

Ein Kommentar zur aktuell erschienenen Oxfam Studie „Gewaltige Ungleichheit“ und zur Wahl der Bundespräsident*in von Jörg Linke und Arno Pfaffenberger

„Während Milliardäre zu Spritztouren ins All aufbrechen, haben Millionen von Menschen Hunger“, zitiert Oxfam Deutschland e.V. in ihrem kürzlich erschienenen Bericht über die extreme und permanent wachsende wirtschaftliche Ungleichheit in der Welt, den Generalsekretär der Vereinten Nationen António Guterres.

Oxfam zeichnet in diesem Bericht ein schockierendes Bild unfassbarer Ungerechtigkeit, die seit Beginn der COVID-19 Pandemie eskaliert. So haben beispielsweise die 10 reichsten Männer der Welt ihr Vermögen seit Beginn der Pandemie verdoppelt, während zusätzlich Millionen von Menschen in bittere Armut abgerutscht sind. Dieser Trend konnte weltweit, nicht nur im Vergleich zwischen wohlhabenden und armen Ländern, sondern auch innerhalb privilegierter Länder selbst, wie Deutschland eines ist, beobachtet werden.

Laut dem „Paritätischen Armutsbericht“ (2021) des paritätischen Gesamtverbands hat die Armutsquote in Deutschland einen Höchststand von 16.1% erreicht. Damit leben 13.4 Millionen Menschen in Deutschland in Armut, davon sind Frauen und Kinder überdurchschnittlich betroffen. Wer wird, wer kann dieser zutiefst unsolidarischen und unmenschlichen Spirale der Ungleichheit Einhalt gebieten?

Die neue bundesdeutsche Ampelregierung wird es vermutlich kaum sein. Zwar ist es gerade den grün geführten Ministerien anzurechnen, dass sie mit Schwung und hohen Zielsetzungen ihre Arbeit aufgenommen haben, aber konsequenter Klimaschutz und gesunde und nachhaltig hergestellte Nahrungsmittel kosten Geld. Zusätzliches Geld, über das arme Menschen, oder Menschen, die befürchten müssen in Armut abzugleiten, sicher nicht verfügen.

Da mit der FDP die Partei für Besserverdienende Teil der Regierung ist, die ihr Klientel vor jeglichen Mehrbelastungen beschützt und sich die Koalitionsbildung mit vielen Zugeständnissen in dieser Richtung bezahlen hat lassen, kann man von der neuen Bundesregierung ebenso wenig Umverteilung von oben nach unten erwarten als von der alten, großen Koalition. Zumal es nicht nur um kosmetische oder beruhigende Eingriffe, sondern vielmehr um einen Systemwechsel geht:

„Um ein gutes Leben für alle zu ermöglichen und die globale Zukunft sozial und ökologisch gerecht zu gestalten, brauchen wir ein grundlegend anderes Wirtschaftssystem, eines, in dem wirtschaftliche Entscheidungen demokratisch gefällt werden und dessen handlungsleitendes Prinzip nicht der Profit, sondern das Gemeinwohl ist.“ Diese Formulierung aus dem Oxfam Bericht unterschreiben wir gerne mit.

Als ökologische und humanistische Partei ist uns sehr wohl bewusst, dass wir schnell und konsequent handeln müssen, um den Klimawandel in einem erträglichen Maß zu halten. Die erhebliche Verteuerung klimaschädlicher Energiequellen und kostbarer Ressourcen, aber auch faire Preise für das Tierwohl achtende und nachhaltige Landwirtschaft sind alternativlos.

Deshalb ist es keine Lösung nach Spritpreisdeckeln zu rufen oder faire Lebensmittelpreise mit sozialen Argumenten auszubremsen. Vielmehr ist es nötig, die Solidarität derjenigen einzufordern, die es sich leisten können, um arme Menschen mit einem menschenwürdigen Grundeinkommen auszustatten, damit diese einen wirtschaftlichen Umbau zum Wohle aller und im Interesse zukünftiger Generationen mittragen können.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass ein solcher Systemwechsel alleine durch parlamentarische Politik nicht zustande kommen wird. Es bedarf parteiübergreifender Bürger*innenbündnisse, die auf den Plätzen und Straßen, zentral und lokal, als auch in den sozialen Medien um die Veränderung des gesellschaftlichen Denkens und darauffolgend eine andere Politik streiten.

Am 13. Februar 2022 wird die 17. Bundesversammlung den nächsten deutschen Bundespräsidenten wählen. Das Amt ist u.a. wie folgt definiert (dies ist auf der Webseite des Bundespräsidenten nachzulesen): „Der Bundespräsident ist Staatsoberhaupt. Auch wenn es keine Hierarchie zwischen den Verfassungsorganen gibt, steht er protokollarisch an der Spitze des Staates. Er ist dasjenige Verfassungsorgan, das die Einheit der Bundesrepublik Deutschland verkörpert und nach innen und außen repräsentiert. Dies geschieht, indem der Bundespräsident durch sein Handeln und öffentliches Auftreten den Staat selbst – seine Existenz, Legitimität, Legalität und Einheit – sichtbar macht.“

Seit dem 12.09.1949 wird diese hier beschriebene Einheit der Bundesrepublik durch einen älteren Herrn verkörpert. Es ist selbstredend längst überfällig, dass das Amt endlich von einer Frau bekleidet wird. Einer Frau, die eine laute und hörbare Stimme sein könnte, um die ins Stocken geratene Gleichstellung in Schwung zu bringen und gesellschaftliche Probleme, wie z.B. Gewalt gegen Frauen oder dass Frauen deutlich öfter von Armut betroffen sind, hartnäckig zu thematisieren und auf der Agenda zu halten. Wir sind der Meinung, dass das 1. Amt im Staat mehr Bedeutung gebührt, als Orden zu verleihen und hin und wieder mahnende Reden zu halten. Auch wenn Frank-Walter Steinmeier seinen Job ordentlich ausführt, sehen wir nicht, dass er signifikant zur Einheit – wie wir sie verstehen – der Bundesrepublik Deutschland beiträgt. Dies würde nämlich zum Beispiel erfordern, viel mehr auf das Schicksal und die Bedürfnisse von Ärmeren und Schwächeren in unserer Gesellschaft hinzuweisen und seine Kolleg*innen in der gestaltenden Politik nimmermüde an die Verbesserung der Lebenssituation dieser Menschen zu erinnern. Gefordert ist also eine kritische und hinterfragende Persönlichkeit im Amt der Bundespräsident*in!

Auch wenn es sich wieder um einen Mann handelt, begrüßen wir die Nominierung des Mainzer Sozialmediziner Prof. Dr. Gerhard Trabert durch die Partei „Die Linke“ als Gegenkandidat zum Amtsinhaber sehr. Schon alleine sein Antreten lenkt öffentliche Aufmerksamkeit auf die vielen armen und obdachlosen Menschen in unserer Gesellschaft. Seit Jahrzehnten kümmert sich Trabert um arme kranke Menschen, versucht ihnen als Arzt ein Stück Würde zurückzugeben und macht auf Missstände aufmerksam. Eine Persönlichkeit wie Trabert es ist, wäre die richtige Wahl als Bundespräsident*in. Zum einen qualifiziert ihn sein nimmermüder Einsatz zum Wohle der Gesellschaft, zum anderen kann er die im Grundgesetz beschriebene Einheit verkörpern. Den nur wer das Wohl der Schwachen und Verletzlichsten einer Gesellschaft fest in den Blick nimmt, Besserung anmahnt und einfordert, kann diese Einheit schaffen.

Wir wünschen Prof. Dr. Gerhard Trabert viel Erfolg bei seiner Kandidatur und würden uns sehr wünschen, dass die Mitglieder der Bundesversammlung über ihre Schatten springen und ihn zur 13. deutschen Bundespräsident*in wählen würden. Das wäre zwar noch nicht die Lösung aber ein großartiges Signal für unsere Gesellschaft: Solidarität und Gemeinwohl sicht- und hörbar als oberste Staatsräson!

Oxfam Deutschland e. V., Januar 2022: Studie/Bericht „Gewaltige Ungleichheit“
https://www.oxfam.de/ueber-uns/publikationen/gewaltige-ungleichheit-fehler-liegt-system

Der Paritätische Gesamtverband (2021): Armut in der Pandemie. Der Paritätische Armutsbericht 2021.
https://www.der-paritaetische. de/fileadmin/user_upload/ Schwerpunkte/Armutsbericht/doc/ broschuere_armutsbericht-2021_ web.pdf

Informiert bleiben!

Du möchtest unseren Newsletter abonnieren? Trage dich hier ein und wir halten dich über Aktuelles und neue Termine rund um die Partei mut auf dem Laufenden.

Folge uns

mut-ige Themen

mut in der Presse

mut regional