Die Farce um die Kindergrundsicherung – Ein Lehrstück in Sachen Klassenkampf von oben

Die Farce um die Kindergrundsicherung – Ein Lehrstück in Sachen Klassenkampf von oben

Ein Kommentar von Arno Pfaffenberger

24 – 12 – 2,4 – nein, hier handelt es sich nicht um ein Zahlenrätsel, vielmehr beschreiben diese 3 Zahlen die Wertigkeit, welche die Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland bei Sozialverbänden und den Parteien der Ampelkoalition hat.

Die Bekämpfung der Kinderarmut sollte laut Aussagen der an der Ampelkoalition beteiligten Parteien die wichtigste sozialpolitische Reform der aus SPD, Grünen und FDP bestehenden Regierung werden. Nun ist ja der Begriff Reform seit der Zeit der rot-grünen Koalition von 1998 – 2005 mit Vorsicht zu genießen.

Zurück zu den Zahlen: 24 Milliarden veranschlagt der Sozialverband VdK für die geplante Kindergrundsicherung. „Das halte ich für einen guten finanziellen Rahmen, um eine echte Kindergrundsicherung umzusetzen“, so Verbandspräsidentin Verena Bentele laut einem Artikel von Spiegel Online (1). Familienministerin Paus hatte 12 Milliarden vorgesehen, Finanzminister Lindner 2 Milliarden. Nach langem Streit innerhalb der Koalition sind nun 2,4 Milliarden für die Kindergrundsicherung übriggeblieben (2).

Mit welchen infamen Halbwahrheiten und Lügen in der Debatte um die Kindergrundsicherung gearbeitet wurde, das zeigt der Artikel von Marcel Fratscher vom DIW Berlin bei Zeit online (3). So rutscht Lindner schon auf die rechtspopulistische Schiene, wenn er von „ursprünglich deutsche Familien“, die gar nicht so sehr von Armut betroffen seien tönt, sondern, dass es vornehmlich „nur“ Geflüchtete und Migrant*innen seien. Das stimmt nicht und dieser Versuch der Ethnisierung einer sozialen Frage zeigt, welch menschenverachtende Rhetorik auch Neoliberale wie Lindner einsetzen, wenn es denn ihren Zielen nützt

Welches Menschenbild neoliberale Politiker*innen – die es leider auch in den progressiveren Parteien SPD und Grüne gibt – von einkommensschwachen Menschen, von Erwerbslosen und im Niedriglohnsektor Beschäftigten haben, bringt Ina Franzkewitz vom SOS Kinderdorf in Frankfurt in einem, mit ihr kürzlich geführten Interview auf den Punkt (4). So behauptet Lindner, dass man nur Anreize dafür schaffen müsse, dass Eltern sich wieder Arbeit suchen bzw. mehr arbeiten. Wer weiß, in welcher Situation sich Menschen, die von Armut betroffen sind, befinden, weiß, dass das für Betroffene Spott und Hohn ist.

Wenn diese Farce der gerade beschlossenen Kindergrundsicherung zu einem dient, dann zu einem Lehrstück. Ein Lehrstück, das zeigt, dass es in der Politik nicht um ein wie auch immer definiertes Allgemeinwohl geht. Politik ist der Kampf um die Aufteilung des gesellschaftlich erarbeiteten Wohlstands zwischen den verschiedenen Klassen in der bürgerlichen Gesellschaft.

Wie diese Klassenpolitik knallhart und erfolgreich durchgesetzt wird, das zeigt die FDP seit Beginn dieser Koalition. Die FDP ist die Partei der oberen 1 – 2 % dieser Gesellschaft, sie ist die Partei der Milliardär*innen und Multimillionär*innen.

Und alle Alarmglocken sollten bei uns klingeln, wenn Herr Lindner ankündigt, was die Mehrheit der Menschen in diesem Land in näherer Zukunft erwartet: „… weshalb ich die Prognose wage, dass es sich bei der Kindergrundsicherung mit Blick auf die nächsten Jahre um die letzte größere Sozialreform handelt, die noch in den Haushaltsrahmen des Bundes passt“ (2).

Dass die Politik dieser Regierung Wasser auf die Mühlen der Faschist*innen ist, die die zunehmenden sozialen Widersprüche ethnisch umsetzen, das sollte uns auch allen bewusst sein

Damit die unteren 40 – 50 % dieser Gesellschaft nicht zwischen den Mühlsteinen Neoliberalismus und radikalem Nationalismus zerrieben werden, bedarf es eines dritten politischen Pols in dieser Gesellschaft. Die politische und die gesellschaftliche Linke muss zusammenfinden. Das zur Landtagswahl in Bayern zusammen gekommene linke Bündnis könnte hier ein Anfang sein, wenn es noch enger geschmiedet wird und auch in den sich wohl anbahnenden außerparlamentarischen Kämpfen zusammenwächst.

(1)
https://www.spiegel.de/wirtschaft/kindergrundsicherung-sozialverband-fordert-24-milliarden-euro-a-1eca3dfa-2fda-438e-8a50-0b88d577d5b3

(2)
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/kindergrundsicherung-einigung-100.html?fbclid=IwAR39BwCrhrrYT-K4pJmTUr7j5IlAotzbYVDRV76CHVF9CuFCvM5bF7S3Zis

(3)
https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-08/kinderarmut-kindergrundsicherung-christian-lindner-migration-soziale-ungleichheit?fbclid=IwAR1vatV72xpyfbbBD0m3N4XTgjyy4a2KKlMdOQoVPyR5FIGc4iPqLgu5TC0

(4)
https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Politik-10/Debatte-um-Kindergrundsicherung-Menschen-die-staatliche-Hilfe-empfangen-werden-zu-Feindbildern-41215.html?fbclid=IwAR32rfYmPHhVYOjB88o401RYp24MA7-h-ryF9BCykoRGJGxg4w6L8lpdXIo

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