Positionierung zu den Maßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV2 Pandemie Teil 6

Positionierung zu den Maßnahmen zur Eindämmung der SARS-CoV2 Pandemie

Teil 6

Gesundheit und Pflege

Massive Versäumnisse

Trotz der Warnungen aus Fachkreisen aus dem Gesundheits- und Pflegewesen wurden Maßnahmen zur Vorbereitung auf die zweite Welle nicht ergriffen. Vor einer zweiten Welle warnten viele, u.a. Virolog*innen, Infektiolog*innen, Epidemiolog*innen, Mediziner*innen sowie Gesundheits- und Pflegewissenschaftler*innen. Die Ausmaße einer sehr hohen Inzidenz und deren Konsequenz für die vulnerablen Gruppen waren bereits im Frühjahr – bedauerlicherweise – bei den europäischen Nachbarländern sichtbar. Eine hohe Anzahl von Todesfällen waren, sind und werden weiterhin die Folge sein.

Spezifische Schutzmaßnahmen

Die leidvolle Erfahrung zeigt, dass Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen (Altenheime) überproportional häufig an Covid-19 erkranken und in nicht wenige Fällen hat die Infektion einen tödlichen Ausgang. Das ist multifaktoriell zu begründen mit dem Alter der Betroffenen, der Vorerkrankungen und den günstigen Übertragungswegen für das Virus in den entsprechenden Einrichtungen. Zudem sind die vielen dort arbeitenden Menschen, teilweise sehr dicht am Bewohner tätig und – wie seit Jahren bekannt – in vielen Fällen in einer ungünstigen Bewohner*innen/Pfleger*innen-Quote: eine Situation, die nachweislich Auswirkungen auf die Einhaltung hygienischer Maßnahmen hat. Hier fehlt es an spezifischen Schutzmaßnahmen für diese vulnerable Gruppe. Daher müssen massive Vorwürfe an das vernachlässigende Handeln des Bundesgesundheitsministeriums und des Landesamts für Pflege erhoben werden.

Wir benötigen daher spezifischere Maßnahmen, die effizient Neuinfektionen vermeiden und reduzieren. Dafür gilt es Mittel in die Forschung zu stecken.

Nicht nur auf Impfung setzen

Dass inzwischen die Möglichkeit einer Impfung besteht, ist eine der erfreulichsten Nachrichten seit Beginn der Pandemie. Die außergewöhnlich schnelle Entwicklung des Impfstoffs ist zu begrüßen. Jedoch ist mit der Zulassung des Impfstoffs noch keine Entwarnung möglich. Dafür muss eine flächendeckende Durchimpfungsrate von mind. 70% gegeben sein. Jedoch müssen wir weiterhin von einer längeren Dauer der Corona-Pandemie ausgehen. Doch neben bestehender und möglicher weiterer Mutationen des Erregers die möglicherweise die Wirksamkeit begrenzen sowie zeitlich begrenzter Immunität, ist nicht nur die Entwicklung eines Impfstoffs entscheidend, sondern auch dessen ausreichender Erwerb sowie die Organisation der Impfungen. Leider muss der von Herrn Spahn formulierte Plan bis Mitte des Sommers der Coronakrise Herr geworden zu sein, wohlwollend als ambitioniert begriffen werden.

Die Entwicklung eines langfristigen Fahrplans für die Pandemie ist parallel zum Impfplan vonnöten. Ein Dauer-Lockdown ist ebensowenig durchzuhalten wie ein ständiger Wechsel zwischen Lockdown und Öffnung.

Zu einer intensiveren Teststrategie haben wir bereits Stellung genommen. Um ein diffuses Infektionsgeschehen zu durchbrechen ist es dringend angezeigt mehr zu testen. Nicht zu unterschätzen sind auch Quarantänemaßnahmen. Für einige Menschen hat das weitreichende soziale und wirtschaftliche Folgen. Um eine Quarantäne zu verkürzen muss engmaschiger getestet werden. Ebenso sind flächendeckende, regelmäßige Reihentestungen in Einrichtungen des Pflege- und Gesundheitswesens von hoher Bedeutung, um effizient vulnerable Gruppen und um das Personal zu schützen, das einem hohen Risiko ausgesetzt ist sich zu infizieren. Doch immer noch ist das Vorgehen in den Kliniken und Pflegeeinrichtungen abhängig vom individuellen Management.

Maßnahmen, die das Infektionsgeschehen eindämmen sollen, müssen ebenfalls – bedenkt man vor allem die Dauer der Pandemie – weniger pauschal angesetzt werden. Hier sollte die Möglichkeit der Einhaltung der Hygienemaßnahmen für Schließungen und Verbote maßgeblich sein.

Maßnahmen zur Aufklärung über Hygienemaßnahmen und zur Infektionskettenunterbrechung müssen massiv ausgeweitet werden. Nur wenige öffentliche Räume klären über die SARS-CoV2-Pandemie und über die zugehörigen notwendigen Maßnahmen auf. Denn erst eine ausreichende Information ermöglicht es eigen- und fremdverantwortlich sinnvoll zu handeln.

Langfristige Vorsorge für den Katastrophenfall u.a bedeutet bereits jetzt besseren Schutz in der Pandemie

Der Nationale Pandemieplan berücksichtigt die Gesundheitsreform der 80er Jahre nicht, die die grundlegende strukturelle Veränderung in der Gesundheitsversorgung begründete. Die daraus folgende neoliberale Gesundheitspolitik führt uns in die Situation, dass in einigen Bundesländern bereits über 50% der Kliniken in privater Hand sind. Eine überregionale Versorgungsstrategie wäre aber in der Pandemie selbstverständlich von Vorteil. Hier kam es zu logistischen und organisatorischen Versäumnissen der politisch Verantwortlichen in der Pandemie.

Das Vorhalten von Ressourcen ist finanziell nicht attraktiv. Ressourcen sind bspw. freie Intensivbetten, ausreichend Personal im Hintergrund sowie Schutzmaterial – z.B. FFP2 – Masken in ausreichender Menge für Personal sowie Patient*innen. Dadurch sind wir in der Situation, dass wir immer noch nicht ausreichend Schutzmaterial zur Verfügung haben. Dass sich Pflegefachkräfte im Stich gelassen fühlen, ist absolut nachvollziehbar.

Spätestens seit der Einführung der Fallpauschalen (DRGs) ist auch ein massiver Abbau des Pflegepersonals zu beobachten, da pflegerische Leistungen in den DRGs nicht ausreichend abgebildet sind. Inzwischen bilden wir europaweit das Schlusslicht in Bezug auf den Pflege-Patient*innen-Schlüssels. Die Folgen in der Patient*innnenversorgung sind inzwischen in der Berichterstattung zu verfolgen. Trotz des schwerwiegendem sowie lange bekanntem Pflegefachkräftemangels sind keine flächendeckenden, spürbaren Gehaltserhöhungen eingeführt worden. Die Corona-Pflegeprämie mit einem lächerlich geringen Betrag honoriert nicht im Ansatz die Anstrengungen während der Corona-Pandemie und gleicht auch nicht das hohe Risiko, dem die Pflegekräfte ausgesetzt sind, aus. Angemessen wäre eine Zulage von 1000€ monatlich bis zum Ende des Pandemiefalls von nationaler Tragweite. Betrachtet man die hohe Fluktuation im Bereich Pflege sowie die äußerst geringe Verweildauer im Beruf von durchschnittlich sieben Jahren (Deutscher Berufsverband für Pflege) wird deutlich, dass die Attraktivität des Berufs und somit die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung deutlich verbessert werden müssen. Eine Imagekampagne des Bundesgesundheitsministeriums ist nicht ausreichend („Auf Sie kommt´s an“; „Ehrenpflegas“). Maßnahmen, die lediglich auf Lob und Zuspruch basieren, werden auch keine Pflegefachkräfte zurückholen, die den Pflegeberuf aufgrund der Bedingungen verlassen mussten.

Aktuell werden weiterhin Krankenhäuser geschlossen, da sich der Betrieb an manchen Standorten nicht lohnt. Aber gerade die wohnortnahe Grundversorgung ist von hoher Bedeutung und im Rahmen der Daseinsvorsorge entscheidend und das nicht zuletzt in der Corona-Pandemie. Denn eine niedrigere Bettenzahl geht mit einer höheren Letalität von Covid-19 Fällen einher (Ärzteblatt).

Die Gesundheitsämter, die laut dem Nationalen Pandemieplan, eine zentrale Rolle haben, sind mit der Kontaktverfolgung überfordert. Quarantäneanordnungen kommen teilweise viel zu spät. Schon vor der Corona-Pandemie wurde lange vorher bereits über Ärzt*innenmangel geklagt. Über den Sommer wurde auch hier personell nicht nachgebessert. Auch digitale Lösungen für die Unterstützung in der Kontaktverfolgung hätten spätestens über den Sommer eingerichtet werden müssen. Quarantäneanordnungen und andere Administration wird immer noch parallel analog erledigt. Das führt zu einem erhöhten Aufwand und erschwert die effiziente Kontaktverfolgung.

Zudem sind Maßnahmen zu ergreifen, die die soziale und gesundheitliche Versorgung der Menschen sicherstellen. In Lockdownsituationen und während Kontaktbeschränkungen kommt es vermehrt zu gesundheitlichen Problemen, die nicht auf das neuartige Coronavirus zurückzuführen sind. Dem erhöhten Bedarf in diesem Bereich ist nachzukommen.

mut-Forum Gesundheit und Pflege steht für:

  • Massive Ausweitung der Testungen
  • Nutzung digitaler Möglichkeiten in der Kontaktverfolgung und dem damit zusammenhängenden bürokratischen Aufwand
  • Umkehr des Paradigmenwechsels im Gesundheitswesen
  • Anpassung des Nationalen Pandemieplans
  • Sicherstellung einer der Aufgabe angemessenen Bezahlung von Pflegefachkräften
  • Angemessene Zulagen für Personal im Gesundheits- und Pflegewesen während der Corona-Pandemie, jedoch mindestens 1000€
  • Sicherstellung der Daseinsvorsorge
  • Refinanzierung der einzelnen Leistungen im Pflege- und Gesundheitswesen
  • Keine Gewinne für Unternehmen, die die Grundversorgung sichern sollen
  • Keine weitere Zentralisierung der Krankenhausstruktur
  • Auf dem Solidaritätsprinzip fußende Krankenkassenbeiträge dürfen nicht in Gewinnen und in Aktienausschüttungen münden
  • Sicherstellung der Arzneimittelversorgung durch Rückverlagerung der Produktionsorte nach Deutschland
  • Aufzeigen der Covid-19 Fälle und der damit zusammenhängenden Todesfälle von Personal im Gesundheits- und Pflegewesen

Gesundheit ist ein Grundrecht. Daher ist es keine Option große Teile der gesundheitlichen und pflegerischen Daseinsvorsorge dem Markt zu überlassen.

mehr zu unserem Corona-Papier findet ihr hier:

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